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Freitag, 1. Juli 2011

Die Schöpferin von "Nachtlilien" - Interview mit Siri Lindberg

Siri Lindberg wurde 1970 geboren und begann schon als junges Mädchen Geschichten zu schreiben, die in fernen Welten spielen. Heute ist sie eine erfolgreiche Jugendbuchautorin und schreibt  überwiegend Fantasy- und Abenteuerromane. Mit "Nachtlilien" veröffentlichte sie 2010 ihren ersten Fantasyroman für Erwachsene.
Siri Lindberg arbeitet heute als freie Autorin, Lektorin und Journalistin. Sie hat einen kleinen Sohn und lebt mit ihrer Familie in der Nähe von München. Infos und aktuelle News gibt es laufend auf ihrer Homepage.


Damaris: Hallo Frau Lindberg, schön, dass wir uns für "Damaris liest ..." unterhalten können. Erzählen Sie doch ganz kurz etwas zu ihrer Person. Seit wann schreiben Sie und warum sind sie Schriftstellerin geworden?
S. Lindberg: Ich habe mit elf Jahren angefangen zu schreiben, und mit dreizehn hatte ich meinen ersten Roman fertig. Allerdings war ich damit immer wieder so unzufrieden, dass ich ihn mindestens fünfmal grundlegend überarbeitet habe. Trotzdem endete er leider in der Schublade. Mit der ersten Veröffentlichung hat es erst viel, viel später geklappt.


Damaris: Sie schreiben ihre Bücher, so auch Nachtlilien, unter einem Pseudonym. Gibt es dafür einen bestimmten Grund?
S. Lindberg: Bei mir ist es so, dass ich mich in vielen verschiedenen Genres tummele, darunter Sachbuch. Niemand will einen Fantasyroman von einer Sachbuchautorin lesen und umgekehrt, also geht es nicht ohne Pseudonym. Bei Nachtlilien hat der Piper Verlag den neuen Namen angeregt, weil ich davor nur Jugendbücher geschrieben hatte und der Vertrieb befürchtete, auch mein erster Erwachsenenroman könnte im Jugendbuchregal landen.


Damaris: Ihr Fantasyepos Nachtlilien ist sehr komplex, mit vielen beeindruckenden Personen, Namen und Orten. Woher nehmen Sie die Ideen für das alles?
S. Lindberg: Das war für mich eigentlich nie ein Problem. Als Jugendliche hatte ich deutlich mehr Einfälle, als ich jemals aufschreiben konnte. Auch heute habe ich noch eine Menge Buchideen und -inspirationen in der Schublade, aber nicht die Zeit, sie alle umzusetzen. Meiner Erfahrung nach ist die Fantasie wie ein Muskel. Wenn man sich viel ausdenkt, wird dieser Fantasiemuskel bestens trainiert und gestärkt – Folge: es fällt einem immer mehr ein. Mir Namen auszudenken macht mir übrigens besonders viel Spaß, ich spiele auf der Tastatur herum, probiere verschiedene Lautkombinationen aus, verfremde existierende Bezeichnungen und erschaffe neue.


Damaris: Wie lange schreiben Sie an einem Fantasy Roman im Umfang von Nachtlilien? So ungefähr von der Idee, bis zur Veröffentlichung.
S. Lindberg: Bei Nachtlilien ging es relativ schnell, weil mir die Handlung von Anfang an klar vor Augen stand und ich schnell in den Sog des Schreibens geriet. Als der Piper-Lektor Carsten Polzin mich um eine Idee bat, arbeitete ich auf der Rückreise von der Leipziger Buchmesse im Frühjahr das Exposé aus, im Sommer verbrachte ich einen kompletten Monat mit der Planung (Vollzeit!) und im Herbst habe ich den Roman dann geschrieben. Alles in allem dauerte die Arbeit an Nachtlilien etwa fünf Monate. Aber der Umfang hat mir selbst ein bisschen Angst eingejagt. Selbst heute staune ich noch darüber, dass ich einen so dicken Wälzer geschrieben habe, und das auch noch in ziemlich kurzer Zeit.


Damaris: Auf ihrer Hompage konnte ich lesen, dass ihr Arbeits- und Buchtitel für Nachtlilien ursprünglich "Jerusha" war. Die Wahl des Namens der Hauptprotagonistin liegt nahe, vor allem, wenn es sich um einen so besonderen Namen handelt. Warum wurde der Titel geändert?
S. Lindberg: Als der Roman schon fast fertig war. Zu diesem Zeitpunkt wird der Titel endgültig festgelegt, und der Vertrieb wollte den Titel "Jerusha" nicht. Als ich die Piper-Vorschau sah, ging mir ein Licht auf – der damalige Spitzentitel war "Alera", und sie wollten wohl nicht zwei Bücher machen, die als Titel den Namen der Hauptperson trugen. 


Damaris: Bei einer bestimmten Szene im Buch (ohne zu viel zu verraten, sie beinhaltet das Thema Tod, Verlassen u. Abschied) war ich persönlich sehr ergriffen, und auch ein paar Tränen sind aus meinen Augenwinkeln entwischt. Weinen Sie machmal beim Schreiben oder Lesen von Ihren eigenen Buchszenen?
S. Lindberg: Ich weiß, welche Szene im Buch Sie meinen. Ja, auch ich hatte Tränen in den Augen, als ich die geschrieben habe. Wenn mich selbst nicht berührt, was ich schreibe, dann ist das ein klares Alarmsignal und bedeutet, dass ich irgendwas falsch gemacht habe. Bisher am stärksten berührt hat mich eine romantisch-emotionale Szene in meinem Jugendroman Ruf der Tiefe, da lag ich buchstäblich schluchzend auf der Tastatur. Aber das lag daran, dass ich mich zu diesem Zeitpunkt durch eine persönliche Krise sehr verletzlich fühlte.


Damaris: Ich mochte eine ihrer Nebencharaktere, den Eliscan Silmar, sehr gerne :-) In ihm streckt meiner Meinung nach so manche Überraschung (ja, ich würde gerne mehr von ihm lesen). Haben sie zu einer oder mehreren Personen aus Nachtlilien eine besondere Verbindung?
S. Lindberg: Silmar mag ich auch gerne, er wandelt sich sehr stark im Verlauf der Geschichte. Vielleicht wird es Sie freuen, dass er im zweiten Band eine eigene Perspektive bekommt. Aber die stärkste Bindung hatte und habe ich zu Kiéran – in den habe ich mich während des Schreibens selbst verliebt. Er ist eine wahnsinnig starke Persönlichkeit. Aber auch seinen besten Freund Santiago mag ich sehr. 


Damaris: Schreiben Sie persönlich lieber Fantasy oder Abenteuerromane/Belletristik?
S. Lindberg: Kommt ganz darauf an. Ich spüre schon während ich ein Exposé verfasse, wieviel eine Story hergibt, was für einen Sog sie auf mich ausübt. Wenn ich mich kaum noch zurückhalten kann, die Geschichte am liebsten sofort anfangen oder weiterschreiben würde, dann ist das ein gutes Zeichen und ich habe beim Schreiben meist auch eine Menge Spaß. Ganz unabhängig vom Genre. Fantasy ist meinem Herzen sehr nah, und das wird sich auch nie ändern, aber auch meine anderen Romane liebe ich sehr.


Damaris: Wenn Sie selbst lesen, welches ist dann Ihr bevorzugtes Buchgenre?
S. Lindberg: Ich lese querbeet, weil ich sehr breitgefächerte Interessen habe. Kleines Beispiel: derzeit schmökere ich mich durch den Fantasyroman "The Wise Man's Fear" von Patrick Rothfuss, parallel dazu lese ich zu Recherchezwecken ein Sachbuch über die Russenmafia. Als nächstes sind "Der Märchenerzähler" von Antonia Michaelis dran und "Inside WikiLeaks" von Daniel Domscheit-Berg, beides zum Spaß.


Damaris: Natürlich habe ich schon entdeckt, dass es eine Fortsetzung von Nachtlilien geben soll. Wie weit ist der Entstehungsprozess vorangeschritten? Können oder dürfen Sie mir einen Veröffentlichungszeitraum oder sogar einen Namen verraten?
S. Lindberg: Die Handlung steht komplett, und viele Figuren habe ich schon entwickelt oder weiterentwickelt. Allerdings kann ich erst im Herbst mit dem Schreiben anfangen, vorher ist ein Jugendroman dran. Ich freue mich schon darauf, wieder nach Ouenda zurückzukehren, diesmal kenne ich die Welt und die Figuren ja schon und kann mich so richtig entspannt hineinsinken lassen in dieses Projekt.


Damaris: Sie haben ein kleines Kind. Ihr Zeitmanagement muss fantastisch sein. Gerade ich als Mutter weiß, wovon ich rede und kann Sie hier nur bewundern. Wie schaffen Sie das, bzw. wie teilen Sie sich Ihre Zeit ein?
S. Lindberg: Ich bin sehr, sehr froh, dass es Kindergärten gibt. Morgens um halb neun bringe ich meinen Sohn hin, dann haue ich in meinem Arbeitszimmer wie wild in die Tasten. Meine Schreib-Vormittage sind mir heilig, jegliche Störung unerwünscht. Anschließend kurze Mittagspause. Um 15 Uhr muss ich dann die Maus fallen lassen, und den Rest des Nachmittags spiele ich mit Robin Monsterjagd oder lese ihm etwas vor. Abend bringe ich selten etwas auf die Reihe, gewöhnlich bin ich zu müde. Aber wenn mich ein Roman stark beschäftigt, dann treibt er mich manchmal schon um halb fünf oder fünf Uhr morgens an die Tastatur, um diese Zeit ist noch alles ruhig im Haus und ich kann hervorragend arbeiten.


Damaris: Kann man Sie dieses Jahr 2011 auf der Frankfurter Buchmesse besuchen? Werden Sie lesen oder eine Signierstunde abhalten?
S. Lindberg: Ich bin leider den größten Teil der Messezeit auf Lesereise und schaue diesmal nur kurz in Frankfurt vorbei. Aber vielleicht ergibt sich ja trotzdem eine Signierstunde, so was organisiert der Verlag.


Durch meine Rezension zu "Nachtlilien" (nachzulesen HIER) kam ich mit Siri Lindberg in Kontakt und bekam von ihr die Gelegenheit zu diesem wunderbaren Interview. Es freut mich sehr, dass sie meine Fragen so schnell und sympathisch beantwortet hat. Auch an dieser Stelle nochmals ein herzliches Dankeschön!

Einige weitere Bücher der Autorin (veröffentlicht als Katja Brandis):