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Dienstag, 7. Juli 2015

Review zu "Könnte ich meine Sehnsucht nach dir sammeln" von Zoran Drvenkar und Corinna Bernburg



cbj (Mai 2015), Band 1,
Hardcover/SU, 200 Seiten,
22,95 € [D]


Ein Schriftsteller und eine Fotografin tun sich zusammen. Die Fotografin macht jeden Tag ein Foto. Egal von was, egal von wem, egal wo. Bis Mitternacht hat der Schriftsteller dann Zeit, einen Text zu dem Foto zu schreiben und damit den Tag einzufangen. Einen ganzen Sommer lang.

Die Fotos sind Portraits, Stillleben, Landschafts- und Momentaufnahmen, die sich in Gedichte, Theaterstücke und Kurzgeschichten verwandeln. Sie sind eine Reise zu Fuß, mit dem Auto und dem Motorrad. Es geht in die Nachbarschaft und nach Berlin, aber auch quer durch Deutschland. Klar, direkt und in Schwarz-Weiß haben die Fotografin und der Schriftsteller die Zeit in Augenblicken festgehalten. Entstanden ist ein Dialog zwischen zwei Menschen, zwischen Wort und Bild. Ein Gedichtband, ein Tagebuch und die Einladung auf eine Reise mit den beiden. (Text-, Cover- und Zitatrechte: cbj Verlag)


ich werde dich auffangen
wenn du stürzt
und immer da sein
wenn du dich umsiehst
ich werde in der dunkelheit
für dich licht machen
und deine hand nehmen
wenn du meine suchst
[...] - S. 35


Meine Meinung
Dieses Buch wollte von mir gelesen werden! Nach einem bedeutungsvollen Leseerlebnis von Thriller- und Jugendbuchautor Zoran Drvenkar, ging ich auf die Suche nach weiteren seiner Bücher - und stieß auf diesen Bild- und Gedichtband. Ich war überrascht. Eine persönliche Empfehlung folgte obendrein, und ich informierte mich näher, interessierte mich sofort für das besondere Gemeinschaftsprojekt mit Fotografin Corinna Bernburg. Alleine das Konzept fasziniert. Die Fotografin schickt dem Schriftsteller jeden Tag ein Foto, ein ganzes Jahr lang. Nun hat der Schriftsteller Zeit bis Mitternacht ein Gedicht dazu zu verfassen.

Die Bilder sind alle in Schwarz-Weiß gehalten. Sie zeigen Momentaufnahmen, einen besonderen Blickwinkel auf Dinge, Landschaftsaufnahmen und sogar Kurioses. Einige der Fotos gefallen sofort, in anderen kann man vordergründig keinen rechten Sinn erkennen, fragt sich, warum die Fotografin diese Foto gewählt hat und was sie damit sagen wollte. Das schärft den Blick hinter die Kulissen.
Die Gedichte berühren, stimmen nachdenklich oder polarisieren. Der Autor schreibt Liebesgedichte, stellt Fragen oder stellt Dinge fest. Oft denkt man "Genau so ist es!". In manchen der Gedichte muss man etwas tiefer forschen, um sie zu verstehen oder sie zu einem Foto in Bezug zu bringen.
In Kombination ergeben Fotos und Gedichte ein Kunstwerk. Das Buch ist ausdrucksstarkes Statement und eine zarte Liebeserklärung gleichermaßen - an die Menschen, die Stadt, die Erinnerungen.

Es ist gut vorstellbar, wie viel Kraft und Ausdauer dieses Projekt Fotografin und Schriftsteller gekostet hat. Zoran Drvenkar schreibt scherzhaft an die Leser, dass er eine Weile lang keine Gedichte mehr sehen konnte und die Fotografin sein Gejammer ertragen musste, wenn es viel oder schwer wurde. Trotzdem besitzt das Buch eine Leichtigkeit und drückt Zufriedenheit aus, die sofort spürbar ist. 
"Könnte ich meine Sehnsucht nach dir sammeln" ist das erste von vier Büchern. Die Autoren haben das Jahr aufgeteilt und laden hier ein, durch den Sommer zu begleiten. Wie passend!

Fazit
Gut, wie soll ich mich nun deutlich ausdrücken, um dem Buch gerecht zu werden. "Könnte ich meine Sehnsucht nach dir sammeln" ist ein Bild- und Gedichtschatz, der nicht so schnell ins Regal wandern wird. Das Buch liegt griffbereit, wird immer mal wieder aufgeschlagen, wenn mir danach ist. Die Kombination Foto und Gedicht regt zum Nachdenken an und ist für mich Zuspruch und Inspiration. Als Einzelband oder als Jahressammlung perfekt! Wer nur die kleinste Affinität für Fotografien und Gedichte hat, sollte hier unbedingt mal reinschauen.

© Damaris Metzger, damarisliest.de