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Freitag, 4. März 2022

"Happy End gibt's nur im Film" von Holly Bourne



Das Thema
Liebe ist was für Idioten. Das zumindest findet Audrey. Nach der Trennung ihrer Eltern muss sie allein mit ihrer frustrierten Mutter zurechtkommen. Deshalb nimmt sie einen Nebenjob im Kino an und trifft dort auf Harry. Der ist eigentlich der nächste Martin Scorsese, nur weiß das noch niemand. Während er auf seinen Durchbruch als Filmemacher wartet, verbringt er seine Zeit mit dem Aufsaugen von Popcorn, mit Flirten und mit Grasrauchen. Damit ist er ganz sicher nicht Audreys Traumtyp. Trotzdem verlieben sich die beiden Hals über Kopf ineinander. Audrey fühlt sich, als wäre sie in einem dieser Kitschfilme gelandet, die sie eigentlich so verabscheut. Aber ein Happy End gibt es eben nur im Film ...

© Klappentext-, Cover- und Zitatrechte: dtv Verlagsgesellschaft


Ich weinte. Er hielt mich in seinem Armen und es war mir so unsagbar unangenehm, aber er war so, so verständnisvoll, weil es mein erstes Mal war ...
Bis er mich eine Woche darauf abservierte. - S. 52


Das Leseerlebnis
Holly Bourne hat mir schon mehrfach bewiesen, dass sie humorvoll-mitreißende, aber vor allem auch kluge und starke Coming-of-Age-Romane schreibt. Dieser Mix gefällt mir im Genre der zeitgenössischen Jugendliteratur am besten; einfach, weil die Bücher unterhalten und den Lesenden gleichzeitig etwas mit auf den Weg geben. Protagonist*innen machen Fehler, sie lernen für die Zukunft, beweisen Intelligenz und Stärke. Auch bei "Happy End gibt's nur im Film" ist das so. Vielleicht verrät sogar der Buchtitel ein stückweit, auf was die Geschichte am Ende zusteuert. Und das ist gut so.

Liebe ist für Audrey ein schwieriges Thema. Da wäre einmal ihr Vater, der sie und ihre Mutter für eine neue Familie sitzen gelassen hat und Audrey für ihr Alter nun viel zu viel Verantwortung zumutet. Und dann ist da noch die traumatische Erfahrung mit ihrem Exfreund, der sie nach einer unerfahrenen Liebesnacht sitzen ließ. Audrey hat der Liebe abgeschworen und findet romantische Komödien komplett klischeehaft und überzogen. Trotzdem arbeitet sie nun in einem Kino, um sich etwas Geld dazuzuverdienen. Dort begegnet sie Harry, der nicht nur witzig und gut aussehend ist, sondern Audrey auch noch für sein Zombie-Filmprojekt engagiert. Bald merkt Audrey, dass sie sich in Harry verliebt hat. Gibt es ein Happy End wirklich nur im Film?

Sonntag, 20. Februar 2022

"One of the Good Ones" von Maika & Maritza Moulite



Das Thema
Ausgerechnet Kezi! Happis große, hübsche, starke und kluge Schwester ist tot. Kezi hatte sich aktiv auf ihrem Youtube-Kanal für die Rechte Schwarzer Menschen eingesetzt. Und nun wurde sie selbst ein Opfer von Polizeigewalt nach einer Demonstration.
Voller Trauer begibt sich Happi zusammen mit Freunden auf eine Reise, die noch von Kezi geplant worden ist. Quer durch die USA folgen sie dem Green Book, einem Reiseführer, der Schwarzen Reisenden während der Zeit der Rassentrennung angab, wo sie unbehelligt tanken, essen oder übernachten konnten.
Kezi war eine "von den Guten", sagen die Leute. Aber ist ihr Tod deshalb besonders tragisch? Und was heißt das überhaupt?

© Klappentext-, Cover- und Zitatrechte: Loewe Verlag


Sich nicht mehr zu verstellen, ganz gleich, wo auf der Welt man lebt und wen man liebt - das ist viel mehr als ein rebellischer Akt. Es ist ein Akt der Selbstliebe. Man braucht Mut, um aus dem Schatten zu treten und sein Leben laut in die Welt hinauszuschreien, und zwar nicht, damit die anderen dich sehen, sondern vor allem du selbst - komme, was da wolle. - S. 38


Das Leseerlebnis
Die Themen Rassismus, fehlende Repräsentation, Ungerechtigkeit oder auch Polizeigewalt finden nach vielen tragischen Vorkommnissen gerade wieder mehr Beachtung. Und das ist auch wichtig, denn eine Gesellschaft, die Menschen als ungleich betrachtet, ist in ihrer Entwicklung rückständig. Hier sind die Stimmen von Betroffenen zu hören, nicht die von Meinungsbildenden. Die Own-Voices-Autorinnen Maika und Maritza Moulite setzen sich in ihrem Buch aktiv für die Rechte und das Ansehen von Schwarzen Menschen ein. Sie wehren sich gegen falsche und ungerechte Rollenbilder. Wem das zu trocken oder anstrengend klingt, dem sei schon vorab gesagt, dass den Autorinnen mit "One of the Good Ones" zwar ein anspruchsvoller, aber äußerst vereinnahmender und unerwarteter Roman gelungen ist. Ich wurde in mehrerer Hinsicht überrascht.

Kazi, die schöne und kluge Schwester von Happi, ist tot. Sie starb in Polizeigewahrsam, die Familie trauert. Jedes Familienmitglied geht damit unterschiedlich um, jedoch fällt es Happi besonders schwer, zu ihren Gefühlen zu stehen. Denn gerade sie fühlt sich als die Außenseiterin der Familie, und ihr letztes Zusammentreffen mit Kazi vor deren Tod war unschön und gemein. Kazi war eine Aktivistin für Schwarze Menschen, wollte die Abonnenten ihren erfolgreichen Youtube-Kanals auf einen Roadtrip mitnehmen, um über Rassismus und Ungerechtigkeit aufzuklären. Mehr oder weniger gezwungen, lässt sich Happi nun zu genau diesem Roadtrip überreden, als Andenken an ihre Schwester und zur Aufarbeitung ihrer Gefühle.

Montag, 3. Januar 2022

"The Girls I've Been" von Tess Sharpe



Das Thema
Rebecca, Samantha, Haley, Katie, Ashley - Nora musste schon viele Mädchen sein. Denn sie ist die Tochter einer Trickbetrügerin, die mit ihrer Hilfe kriminelle Saubermänner ausnimmt. Mit zwölf gelingt Nora die Flucht aus diesem Leben. Doch fünf "normale" Jahre später holt die Vergangenheit sie ein, als sie mit ihren besten Freunden Wes (ihr Ex) und Iris (ihre neue Liebe) in einen Banküberfall gerät. Die brutalen Gangster erwarten keinen Widerstand. Nichts hat sie auf Nora vorbereitet - oder auf die Tricks, die sie und ihre Alter Egos auf Lager haben. Ein raffiniertes Katz-und-Maus-Spiel beginnt.

© Klappentext-, Cover- und Zitatrechte: Carlsen Verlag


"Du bist schon damals witzig und schlau gewesen. Aber auch misstrauisch. Und als ich das Gummiband an deinem Handgelenk gesehen habe ..." Sie schüttelt den Kopf.
Das war einer von Moms Ticks, damit ich keinen Mist baue. Sie hat es immer gegen meine Haut schnappen lassen. Manche Dinge werde ich immer mit diesem Stechen und dem leisen Gummigeruch verbinden. - S. 234


Das Leseerlebnis
Einem guten Jugendthriller bin ich nie abgeneigt. Immer wieder stelle ich fest, wie vielschichtig diese geworden sind, wie gut aktuelle Themen aufgegriffen und mit einem spannenden Plot verwoben werden. Das bringt großen und atemlosen Lesespaß mit sich. Tess Sharpe ist das mit "The Girls I've Been" jedenfalls sehr gekonnt gelungen. Das sorgt dann bei mir definitiv dafür, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte. Wer gut mit kantigen Hauptcharakteren zurechtkommt, bei einer nervenaufreibenden Handlung gerne mitdenkt und etwas plakativer Gewaltdarstellung nicht abgeneigt ist, der ist bei diesen Buch genau richtig aufgehoben.

Bereits als kleines Mädchen wurde Nora von ihrer Mutter dazu gezwungen, oder dazu erzogen, in verschiedene Mädchenrollen zu schlüpfen. Mithilfe dieses falschen Mutter-und-Tochter-Spiels gelangen ihnen viele Trickbetrügereien. Ihre Schwester stieg schnell aus diesem Spiel aus, und mit zwölf Jahren gelingt auch Nora die Flucht vor ihrer Mutter und dem falschen Leben. Nun ist Nora glücklich mit Iris zusammen, möchte ihr altes Leben komplett hinter sich lassen. Doch ausgerechnet bei einem Banküberfall, in den sie mit Iris gerät, holt sie dieses alte Leben wieder ein. Nora muss eine Entscheidung treffen, die alles verändern wird.