Das Thema
Mirjem ist die Tochter eines gutherzigen Pfandleihers, der es nicht über sich bringt, Schulden einzutreiben. Als die Familie deshalb bittere Armut leidet, tritt Mirjem an die Stelle ihres Vaters. Unnachgiebig fordert sie zurück, was ihr zusteht. Sie ist erfolgreich, und bald heißt es, sie könne Silber zu Gold machen. Die Kunde davon dringt bis tief in die Wälder, zum gefürchteten Volk der Staryk - magische Wesen, die mehr aus Eis bestehen als aus Fleisch und Blut. Der König der Staryk entführt sie in sein Reich. Dort soll sie für ihn Silber zu Gold machen. Tut sie das nicht, wird der Staryk sie töten. Doch gleichzeitig versinkt die Menschheit nun in Kälte ...
© Klappentext, Cover- und Zitatrechte: cbj Verlag
Denn darum geht es in dieser Geschichte in Wahrheit: wie man es vermeidet, seine Schulden zu begleichen. Das wird normalerweise nicht erzählt. Ich aber weiß genau, wovon ich spreche. Mein Vater war nämliche ein Geldverleiher.
Er war nicht sehr gut darin. Wenn jemand seine Schulden nicht rechtzeitig beglich, dann erwähnte er es ihm gegenüber nicht einmal. Nur wenn unsere Schränke wirklich leer waren oder uns die Schuhe von den Füßen fielen, und wenn meine Mutter leise mit ihm sprach, nachdem wir zu Bett gegangen waren, dann machte er sich auf den Weg. Bedrückt brach er auf und klopfte an einige Türen, und es klang wie eine Entschuldigung, wenn er um einen Teil dessen bat, was man ihm noch zurückzugeben hatte. - S. 5/6
Das Leseerlebnis
Naomi Novik hat eine ganz spezielle und gute Art, Geschichten zu erzählen. Bei beiden Büchern, die ich bisher gelesen haben, fühlte ich mich wie im Märchen oder an russische Sagen erinnert - sprachlich, sowie durch die Geschichte selbst. "Das kalte Reich des Silbers" ist hier keine Ausnahme. Es ist an das Märchen vom Rumpelstilzchen angelehnt, ausgeführt als historisches Wintermärchen mit Elfenmythos. Ganz, ganz wunderbar! Und obwohl die Geschichte inhaltlich ein ganz schöner Brocken ist, hat sie mich so fasziniert, dass ich mir gleichzeitig wünschte, sie würde noch lange nicht zu Ende gehen.
Mirjem, die Tochter eines jüdischen Geldverleihers, hat es satt, der Ungerechtigkeit zuzuschauen, die ihr Leben bestimmt. Weil ihr Vater ein viel zu gutherziger Geldverleiher ist, geht es der Familie schlecht. Sie kommen kaum über die Runden, sind immer kurz vor dem Verhungern und müssen teilweise betteln. Außerdem ziehen im langen Winter die Staryk, ein Elfenvolk, durch das Land, und rauben alles, was sich die Menschen mühsam angespart haben. Als Mirjem sechzehn Jahre alt wird, nimmt sie sich der Sache selbst an, löst ihren Vater ungefragt ab, und fordert bei allen Gläubigern deren Schulden zurück. Durch ihre Durchsetzungskraft und Kaltherzigkeit ist sie so erfolgreich, dass die Familie plötzlich ein kleines Vermögen anhäuft. Das kommt auch dem König der Staryk zu Ohren. Er verlangt von Mirjem, dass sie für ihn sechs Münzen aus Elfensilber in Goldmünzen verwandelt. Als Mirjem das gelingt, schlägt das Schicksal erneut zu.