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Mittwoch, 16. September 2020

"Fanny Cloutier: Das Jahr, in dem mein Leben einen Kopfstand machte" von Stéphanie Lapointe



Das Thema
Ich heiße Fanny Cloutier, bin 14, fast 15 Jahre alt - na ja, noch nicht ganz, aber gut. Die zwei Dinge, die ich am besten kann, sind Zeichnen und die exzentrischen Launen meines Dads ertragen (ja, ertragen!). Oh, Moment, mit wem spreche ich hier überhaupt? Wenn du diese Zeilen liest, ist mit meinem Tagebuch vermutlich folgendes passiert:

A) Ich habe es in der U-Bahn liegenlassen (okay, okay, ich fahre nie mit der U-Bahn …)
B) Schlimmer: Es ist mir aus der Tasche gerutscht, direkt vor dem Eingang der Schule (OMG, bitte nicht!)
C) Eine Katastrophe von unglaublichem Ausmaß: Du bist mein Dad!

© Klappentext-, Cover- und Zitatrechte: Loewe Verlag


Ich hoffe, du bist nicht enttäuscht, Tagebuch (wie schräg, ich rede mit dir, als wärst du lebendig), aber heute schreibe ich zum letzten Mal vor meiner Abreise. Ich möchte noch genügend Seiten übrig haben, um dir von meiner Ankunft in Sainte-Lorette zu erzählen - ich fürchte, dass mir zum Heulen zumute sein wird. - S. 37


Das Leseerlebnis
Als Vielleserin halte ich immer wieder Bücher in den Händen, die ich getrost als "die schönsten, die ich je gesehen habe" beschreiben würde, also rein optisch. Vor allem im Kinder- und Jugendbuchgenre begegnen mir diese Buchschönheiten gar nicht so selten. Und doch erlebe ich auch hier noch Überraschungen, die mich staunend zurücklassen. Zuletzt beim ersten Band der neuen Fanny Cloutier-Reihe, "Das Jahr, in dem mein Leben einen Kopfstand machte". Die Gestaltung und Ausstattung des Buches ist wunder-, wunderschön! Einem Tagebuch gleich, denn nichts anderes hält man hier in den Händen, enthält das Buch Hunderte Zeichnungen, Kritzeleien, farbliche Hervorhebungen, Notizen und sogar Zettelchen, die man innerhalb des Buches aufklappen und lesen kann. Alles ist perfekt um die Geschichte herum drapiert und integriert. Ein optisches Highlight! Doch natürlich will ich "Fanny Cloutier: Das Jahr, in dem mein Leben einen Kopfstand machte" nicht nur auf das Äußerliche reduzieren. Die Geschichte ist nämlich ebenso toll.

Der Inhalt ist schnell zusammengefasst: Fanny, die mit ihrem Papa in Montreal, Kanada lebt (darum auch die charmant französische Anmutung des Buches), soll umziehen. In irgendein Kaff, zu irgendeiner Tante, von der Fanny bisher nichts wusste. Und das ganz alleine, weil ihr Papa im Rahmen seiner Forschungen einen zeitlang in Japan leben wird. Dass Fannys Tante die Schwester ihrer verstorbenen Mutter ist, macht die ganze Sache nicht besser. Aber es hilft alles nichts, und darum vertraut Fanny ihre Erlebnisse und Gefühle, den ganzen Frust eben, ihrem Tagebuch an. Und hier schließt sich der Kreis zur optischen Aufmachung des Buches. Es ist eine waschechte Tagebuchgeschichte.

Gleich nach der einzigartigen Gestaltung des Buches, fiel mir auf, wie humorvoll und pfiffig Fannys Tagebucheinträge sind. Hervorgehoben wird das noch durch Randbemerkungen und handschriftliche Ergänzungen zum eigentlichen Text. Dadurch liest sich die Geschichte sehr lustig, sie hat auch eine ernsthafte, ja, tragische Seite. Fanny geht es mir der Situation, in der sie steckt, überhaupt nicht gut. Das drückt sie auch allen Menschen gegenüber aus, denen sie begegnet. So kam es, dass mir Fanny zu Beginn der Geschichte nicht unbedingt sympathisch war. Dennoch konnte ich sie gut Verstehen, denn ihre Gedanken und ihr Verhalten sind plausibel und natürlich dargestellt. Fannys Erlebnisse sind durchweg turbulent, haben sogar einen leichten Krimi-Touch, und nehmen manche überraschende Wendung. Am Ende bleibt es eine Geschichte mit viel Herz, die Leser*innen aufgrund des tollen Gesamtkonzeptes begeistert zurücklässt. Die Fortsetzung darf schnell folgen.

Das Fazit
Bei "Fanny Cloutier: Das Jahr, in dem mein Leben einen Kopfstand machte" trifft die folgende Aussage mal wieder zu: Ich habe noch kein schöneres Kinder- oder Jugendbuch gesehen! Hier verbindet sich ein einzigartiges, wunderschönes Gestaltungs- und Illustrationskonzept mit einer herzlichen und turbulent-humorvollen Geschichte in Tagebuchform. Gemeinsam mit Fanny, und ihren sehr persönlichen Erlebnissen, wird man ganz schön durchgeschüttelt und ist am Ende einfach nur fasziniert und eingenommen für dieses Buch. Gerne schnell mehr davon. 5 von 5 Sterne gibt es von mir für den Reihenauftakt.


© Damaris Metzger, www.damarisliest.de


Loewe Verlag (Juli 2020) - Band 1/3 - Hardcover, 384 Seiten - 16,95 € [D]
Originaltitel: Fanny Cloutier ou l'année où j'ai failli rater mon adolescence - Illustriert von Marianne Ferrer - Übersetzt von Anne Braun - ab 11 Jahren