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Samstag, 10. Oktober 2020

"Feuererwachen" von Rosaria Munda



Das Thema
Annie und Lee waren Kinder, als eine blutige Revolution ihre Welt radikal veränderte. Inzwischen Teenager, nehmen sie beide an einem Auswahlverfahren teil, um Drachenreiter zu werden, obwohl ihre Herkunft unterschiedlicher nicht sein könnte. Annie kommt aus einer Familie von Leibeigenen, die durch das Drachenfeuer des alten Regimes getötet wurde; Lee ist der hochgeborene Sohn eines Drachenherrn, der bei der Revolution einen grausamen Tod fand. In der neuen Ordnung, die auf Leistung anstelle von Herkunft setzt, müssen beide ihren Weg finden. Doch dann droht ein Krieg, denn die alten Drachenherren wollen sich ihre Herrschaft zurückholen - und Annie und Lee werden zu schwerwiegenden Entscheidungen gezwungen ...

© Klappentext-, Cover- und Zitatrechte: Arctis Verlag


Für die anderen Wächter sind die Turniere eine Gelegenheit, sich zu beweisen; für mich bedeuten sie noch viel mehr.
Denn Erster Reiter ist ein Titel, auf den ich schon vor der Revolution versessen war. Damit könnte ich all die Anerkennung, Macht und Achtung, die meine Familie innerhalb eines einzigen blutigen Monats verloren hat, als ist acht Jahre alt war, auf einen Schlag zurückerobern.
Erster Reiter. - S. 13


Das Leseerlebnis
Drachenfantasy gehört für mich zur ursprünglichsten Form der Fantasy. Alleine die Vorstellung von einem echten Drachen sorgt für Gänsehaut; und obwohl ich schon sehr geniale und auch weniger überzeugende Romane zu diesem Thema gelesen habe, ziehen mich neue Drachenfantasy-Bücher immer sehr stark an. "Feuererwachen" von Rosaria Munda ist der Starttitel einer Drachenreiter-Trilogie und stand damit sofort auf meiner Leseliste. Und ja, das Buch ist sehr hochwertig geschrieben, politisch umgesetzt und bietet viel Stoff zum Nachdenken ... und am Ende steht dann die Frage, wie sich alles weiterentwickeln wird. So etwas finde ich immer spannend.

Annie und Lee sind nicht nur die Wächter und Drachenreiter des herrschenden Protektors, sie haben auch eine gemeinsame Vergangenheit. Annies Eltern wurden von einem der alten Drachenherren getötet, Lee hat sein Elternhaus verloren, als der Protektor in einer blutigen Revolution die alten Drachenherren besiegte und tötete. Seitdem verspricht er der Bevölkerung ein besseres Leben. Und Annie und Lee sollen ihm dabei helfen. In einem Wettstreit um den Platz des Ersten Reiters, und damit eine mögliche Nachfolge des Protektors, sollen alle Drachenreiter herausfinden, wer sich den Titel verdienen und erkämpfen kann. Als Nachfahren der alten Drachenherren auftauchen, und die Herrschaft zurück wollen, soll Lee sich ihnen anschließen. Nur Annie kennt sein Geheimnis.

Ich finde politisch motivierte Bücher immer sehr interessant, bei denen die Protagonisten vom sprichwörtlichen Regen in die Traufe kommen. So ähnlich ergeht es Annie und Lee, die erkennen müssen, dass die Revolution, und damit der Protektor, keinesfalls der alten Ordnung, den Drachenherren, vorzuziehen ist. Es dauert zwar eine Weile, aber irgendwann kommt man an einen Punkt in der Geschichte, an dem man selbst nicht weiß, welches Herrschaftssystem "besser" wäre. Als müsste man sich zwischen einer Diktatur und dem Kommunismus entscheiden. Das ist spannend mitzuerleben. Selbst am Ende ist nicht klar, in welche Richtung die Geschichte noch führen wird. Die Nachfolgebände werden es zeigen.

Für mich ist "Feuererwachen" einer der Romane, bei dem ich von Anfang bis Ende weiß, dass er gut und hochwertig geschrieben ist. Dass an alles gedacht wurde, das dass System dahinter funktioniert. Und der mich trotzdem nicht komplett packen und überzeugen konnte. Ich fühlte ich eher als Zuschauerin, statt die Geschichte zu erleben, empfand die ganze Zeit über eine Distanz zu allen Haupt- und Nebencharakteren. Vielleicht lag das an der gewählten Erzählform. Obwohl viel passiert, auch Aufwühlendes, hatte die Handlung Längen oder erschien mir zu trocken. Die Drachen waren "nur" die Reittiere der Wächter, mir fehlte hier die Beziehung. Für einen Drachenroman bleiben sie zu stark im Hintergrund, sind zu wenig präsent. Im letzten Buchdrittel ändert sich das ein kleinwenig, der Fokus liegt aber eindeutig auf der Politik und Lees und Annies Hintergrundgeschichte, ihren Gefühlen füreinander und der politischen Entwicklung.

Das Fazit
"Feuererwachen" ist ein Jugendfantasyroman, bei dem aus handwerklicher Sicht alles richtig gemacht wurde. Das Buch ist sehr gut geschrieben, hochwertig und lückenlos ausgeführt. Die Handlung ist politisch motiviert, mit einer spannenden und aufwühlenden Hintergrundgeschichte, die noch einige Zeit benötigen wird, bis sie sich auflöst. Dann empfand ich die Geschichte aber auch als zu distanziert und manchmal trocken. Für Drachenfantasy spielen die Drachen eine eher untergeordnete und unpersönliche Rolle. Ich weiß, dass ich ein gutes Buch gelesen habe. Richtig packen konnte es mich trotzdem nicht. 3 von 5 Sterne vergebe ich für den Trilogiestart.


© Damaris Metzger, www.damarisliest.de


Arctis Verlag (August 2020) - Band 1/3 - Hardcover, 496 Seiten - 20,00 € [D]
Originaltitel: Fireborne - Übersetzt von Nadine Püschel - ab 14 Jahren