Verlag: script5 (September 2012)
Originaltitel: -
Übersetzer: -
Reihe: -
Ausführung: Hardcover/SU, 512 S.
ISBN: 978-3839001394
18,95 € [D]
Genre: Roman
Originaltitel: -
Übersetzer: -
Reihe: -
Ausführung: Hardcover/SU, 512 S.
ISBN: 978-3839001394
18,95 € [D]
Genre: Roman
Vor 5
Jahren hat Linna die gemeinsame Band Linna singt unerwartet aufgelöst. Jetzt
wird sie von ihren ehemaligen Freunden und Bandkollegen eingeladen, auf einer
einsamen Berghütte zu proben. Die Band wurde für einen Gig gebucht, es ist aber
Vorraussetzung, dass Linna als Frontsängerin der Band ihre Stimme gibt. Und
genau da liegt das Problem. Linna hat nämlich seit 5 Jahren keinen einzigen Ton
mehr gesungen.
Trotzdem
fährt mit auf die Hütte und wird schon bald mit altem Schmerz, Freund- und
Feindschaft konfrontiert. Alte Wunden sitzen tief, und als die Lage sich immer
mehr zuspitzt wird es immer unwahrscheinlicher, dass Linna mit ihrer alten Band
auch nur einen Song singt.
Die Rezension
Der Anfang: Waren die immer hier?
Bettina
Belitz schreibt ein neues Buch für (junge) Erwachsene und die Erwartungen sind
groß. Hatte sie doch schon mit ihrer Splitterherz-Trilogie gezeigt, dass sie
ihr Autorenhandwerk meisterlich versteht. Im Gegensatz zur Trilogie ist
"Linna singt" ein Einzelband und zudem noch komplett ohne
Fantasykomponente. Vielmehr könnte man das Buch als spannendes Psychodrama
bezeichnen in dem die Musik eine vordergründige Rolle spielt. Keine leichte
Kost, aber eine, die sich zu verköstigen lohnt!
Jeder von ihnen ist stärker als ich. Zusammen sind sie eine Armee. Es gibt keine schlimmeren Feinde als jene Menschen, die einst deine Freunde waren. Ich bin mutterseelenallein. - S. 168
Schreib-
und plottechnisch präsentiert sich "Linna singt" in höchstem Niveau.
Nichts anderes hat man erwartet. Linna erlebt die Geschichte in der Ich-Form,
Gegenwart (Präsens). Der Stil ist gut verständlich, aber anspruchsvoll.
Anspruchsvoll darum, weil sich zwischen Kommunikation immer wieder längere
Rückblenden und Erinnerungen von Linna drängen. So kommt es mehrfach vor, dass
ein Charakter eine Frage stellt/eine Feststellung macht und die
Antwortkommunikation erst nach mehreren Abschnitten oder sogar nach 1-2 Seiten
erfolgt. Zudem wird im Buch überwiegend erzählt, weniger kommuniziert. Das
erfordert beim Lesen eine hohe Konzentration. Die Kommunikation zwischen den
einzelnen Charakteren erscheint genau wie aus dem Leben gegriffen, hat aber eine große Ausdrucksstärke.
Die
Hauptperson Linna ist eine Klasse für sich. Sehr einprägsam gehört sie zu den
kantigeren Buchcharakteren. Linna ist überhaupt nicht einfach, sie ist sehr
intensiv – in jeder Hinsicht. Ihr seelischer Schmerz ist verständlich und der
Hund liegt nicht nur in der früheren Bandgeschichte begraben. Familiäre
Probleme und Stadtgerüchte haben sie seit ihrer frühen Jugend geprägt. Darum
muss Linna auch kein Sympathieträger sein, um perfekt in die Geschichte zu
passen. Sie ist eindeutig Mittelpunkt der Handlung. Die Story wirkt wie
"um sie herumgeschrieben".
Auch
keiner der anderen Bandmitglieder macht mit besonders freundlichen Wesenszügen
oder einer sonnigen Ausstrahlung auf sich aufmerksam. Jeder scheint etwas zu
verbergen, teilweise agieren sie richtig fies. Einige Szenen entbehren nicht
einer gewissen Komik, wenn zum Beispiel ein Bandmitglied (ehemals guter Freund) einen Rotweinfleck auf dem Hemd Linnas Haftpflichtversicherung melden möchte.
Umso
länger die Band in der Hütte ist, umso mehr spitzt sich die Lage zu. Schießen
beim Leser anfangs nur oft die Augenbrauen in die Höhe, wird man bei einigen späteren
Aktionen tief durchatmen müssen. Einige Szenen sind sehr krass und benötigen
Zeit um zu sacken. Ziel fast aller Übergriffe, psychischer und auch physischer
Art, ist Linna. Und obwohl sie keine einfache Person ist, fällt es einem
richtig schwer, das hinzunehmen. Hier versteht man Linna manchmal auch nicht
wirklich. Was ihr alles angetan wird ist kaum in Worte zu fassen. Trotzdem
schweigt sie meistens, gibt die schlimmsten Taten sogar vor den anderen als
ihre eigenen aus. Dabei weiß sie genau, dass ihr einer der ehemaligen Freunde
Böses will. Und das könnte tatsächlich jeder sein, es gibt Parts, da zweifelt
man sogar an Linnas Zurechnungsfähigkeit. Das ist sehr geschickt durchdacht,
und obwohl man gegen Ende auf die Auflösung hingeführt wird, sie darum nicht
ganz überraschend kommt, ist sie für die Geschichte perfekt.
"Linna singt" ist speziell, genau wie das eigentliche Ende. Hier vor allem Linnas Entscheidung, die wohl nicht viele so getroffen hätten. Im letzten Kapitel/Epilog wechselt die Erzählform vom Präsens ins Präteritum. Als würde Linna auf ihre Entscheidung zurückschauen? Warum hier die Erzählform wechselt, ist gar nicht so
wichtig. Aber es hat was!
Das persönliche Fazit
Ob Linna am Ende singt oder nicht – es wird hier nicht verraten. Den Musikbonus bekommt das Buch sowieso! "Linna singt" ist ein dichter und sehr gut geschriebener Roman. Er hat ein hohes Niveau, ist spannend-eindringlich, aber nicht einfach, genau wie die Hauptprotagonistin selbst. Zum Glück sagen mir kantige Charaktere sehr zu, trotzdem prasseln beim Lesen viele Emotionen auf einen ein. Mir wurde einiges abverlangt, die Story hat mich psychisch sehr vereinnahmt. Aber hier erwartete ich keinen fluffig-leichten Lesestoff, sondern eine tiefgründige Story mit Belitz-Charakter. Et voilà - so kam es auch! 4 Sterne!
Aufmachung: 5 / 5
Handlung: 4 / 5
Charaktere: 4,5 / 5
Lesespaß: 4 / 5
Preis/Leistung: 4 / 5
© Damaris Metzger, damarisliest.de