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Freitag, 15. Februar 2013

Review zu "Wie ein unsichtbares Band" von Inés Garland



Fischer KJB (Februar 2013),
Hardcover, 256 Seiten,
14,99 € [D]


Eine Kindheits- und Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der aufkommenden Militärdiktatur in Argentinien, die zu Tränen rührt.

Alma verbringt mit ihren Eltern jedes Wochenende auf einer Insel im Flussdelta in der Nähe von Buenos Aires. Die Nachbarskinder Carmen und Marito werden zu ihren Spielgefährten und Freunden. Auf der Insel ist die Welt in Ordnung, soziale Unterschiede scheinen keine Rolle zu spielen. Als Almas Eltern merken, dass ihre Tochter mehr als Freundschaft für Marito empfindet, verbieten sie ihr den Umgang. Doch da ist Alma schon längst mit Marito zusammen … (Text- und Bildquelle, sowie Zitatrechte: Fischer KJB)



"Ich will das Beste sein, was dir je passiert ist." Er verflocht seine Finger mit meinen. - S. 146


Meine Meinung
In einem hat der Klappentext des Verlags vollkommen recht, "Wie ein unsichtbares Band" ist eine wunderschöne und bewegende Geschichte! Trotzdem fällt es mir hier wirklich schwer, mich in meiner Meinung festzulegen. Im Grunde ist das Buch nämlich wunderbar. Ich bin komplett in die Geschichte abgetaucht und war sehr berührt. Aber gerade das Ende lässt mich zwiegespalten zurück. Das mag daran liegen, dass die Ereignisse in Argentinien, um 1976, nicht zu den Dingen des Weltgeschehens gehören, bei denen ich mich gut auskenne und es auch im Buch dazu keine weiterführenden Informationen gibt. Zum Glück gibt es am Ende eine Anmerkung des Verlags, dadurch wird vieles klarer. Und dennoch ist es nicht einfach. Aber von vorne ...

Das argentinische Mädchen Alma erzählt die Geschichte in der Ich-Form. Man erfährt, dass sie aus einer Familie stammt, die recht wohlhabend ist. Unter der Woche wohnt die Familie in einer Wohnung in Buenos Aires und Alma geht auf eine katholische Privatschule. Am Wochenende fährt sie mit ihren Eltern auf eine kleine Insel, mitten im Fluss, wo die Familie ein Wochenendhaus hat. Dort freundet sich Alma, ab ihrer Kindheit, mit den Nachbarskindern Carmen und Marito an, die dauerhaft auf der Insel leben und aus ärmeren Verhältnissen stammen. Die drei Kinder werden beste Freund und während ihrer Kindheit spielen die sozialen Unterschiede noch keine große Rolle. Als Jugendliche verliebt sich Alma nicht nur in Marito, sie muss auch feststellen, dass es nun sehr wohl unterschiedliche Interessen und auch Vorurteile zwischen den Familien gibt. Es entstehen ständige Spannungen.

"Wie ein unsichtbares Band" hat eine sehr (be)ruhige(nde), fast schon poetische Sprache. Inés Garland bringt die Gefühle ihrer Hauptprotagonistin Alma so gut zum Ausdruck, dass sie auf mich sehr echt wirkte. Vor allem in Konfliktsituationen konnte ich ihr Handeln immer nachvollziehen. Manche Spannungen, auf die sozialen Unterschiede bezogen, sind richtiggehend greifbar, vor allem auch dann, wenn Alma und Marito ihrer Gefühle füreinander entdecken. Alma wird in der Geschichte eindeutig die wichtigste Rolle zuteil. Für die Kürze des Buches sind auch Carmen und Marito gut dargestellt. Ihre Freuden, Sorgen und Nöte kommen beim Leser an. Da aber Alma die komplette Handlung erzählt, sind diese nicht so deutlich wie bei Alma selbst.
Durch die schöne Sprache kommt man bald in einen bewegenden Lesefluss. Alma erzählt die Geschichte in der Vergangenheitsform, doch ist ein Kapitel im Präsens geschrieben. Ebenso der Epilog. War mir den Sinn beim Epilog noch klar, wirkt der Wechsel der Zeitform ansonsten willkürlich - hat aber was!

Schon mit der Buchbeschreibung wird klar, dass "Wie ein unsichtbares Band" ein Jugenddrama ist. Darauf sollten sich geneigte Happy-End Leser auch einstellen. Im letzten Buchdrittel laufen die Ereignisse um Marito und Carmen aus dem Ruder. Und hier setzt mein Stirnrunzeln ein, denn was geschah hier genau? Die Handlung verschwimmt. Informationen bekommt man nur durch dritte, seelisch zerstörte Menschen, dazu noch ungenau. Ich wusste beim Lesen, dass etwas Schlimmes passiert ist, auch was das für Folgen hatte, aber es war mir tatsächlich zu verwischt. Gäbe es das Nachwort des Verlags nicht, könnte man die Schlussereignisse konkret niemandem zuordnen. Einige Leser könnten durchaus zufrieden sein, andere fühlen sich sicherlich in ihren Überlegungen zu sehr auf sich alleine gestellt.

Fazit
"Wie ein unsichtbares Band" hat mich gedanklich stark beschäftigt, und auch jetzt denke ich noch oft an die Handlung. Auf der einen Seite wirkt es sehr poetisch und berührt ungemein, auf der anderen Seite waren mir die Infos und dramatischen Ereignisse am Ende zu verschwommen. Dessen ungeachtet habe ich eine sehr hohe Meinung vom Buch. Ich kann es sehr empfehlen, es ist wunderbar! Wäre die Autorin am Ende deutlicher geworden, wäre es für mich perfekt.

© Damaris Metzger, damarisliest.de