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Mittwoch, 19. Juli 2017

"Alle Vögel unter dem Himmel" von Charlie Jane Anders



Das Thema
Patricia Delfine merkt früh, dass sie eine Hexe ist. Schließlich kann sie mit den Vögeln sprechen - oder konnte es früher zumindest einmal (an jenem warmen Sommertag). Laurence Armstead ist ein Nerd. Schon als Highschool-Schüler erfindet er in seinem Kinderzimmer eine Zeitmaschine, die es ihm erlaubt, zwei Sekunden in die Zukunft zu reisen. Obwohl sie unterschiedlicher nicht sein könnten, werden sie schnell Freunde.
Gegen Ende der Schulzeit verlieren sie sich aus den Augen, nur um sich einige Jahre später in San Francisco wiederzutreffen. Doch der Zeitpunkt ist denkbar ungünstig. Die Welt wird gerade von einer ökologischen Katastrophe heimgesucht. Ganze Regionen versinken im Meer, Flüchtlingsströme durchziehen die Welt. Wissenschaftler wie Hexen suchen nach einem Ausweg, können sich jedoch nicht einigen. Laurence und Patricia finden sich auf unterschiedlichen Seiten der Auseinandersetzung wieder und müssen sich fragen: Wem können wir trauen, wenn die Welt aus den Fugen gerät, dem Verstand oder dem Gefühl?

© Klappentext-, Cover- und Zitatrechte: FISCHER Tor


"Patricia", sagte er. "Ich bin dir so dankbar für deine Hilfe. Und ich bin so dankbar, dass ich dich kenne. Es tut mir echt leid, dass ich dich hängengelassen habe, als wir Kinder waren und du mit der Katze geredet hast. So was werde ich nie wieder tun. Das verspreche ich dir hiermit hoch und heilig. [...] Danke, dass du meine Freundin bist." - S. 242


Das Leseerlebnis
"Alle Vögel unter dem Himmel" handelt von einer Freundschaft zwischen einem Nerd und einer Hexe, einer Welt am Rande des Abgrunds und von einem Kampf zwischen Wissenschaft und Magie. Das klingt nach einem Roman, indem sich Fantasy und Science Fiction vermischen. Und so ist es auch, auf eine spleenige manchmal unkonventionelle Art. Genau darum kam ich mit der Geschichte auch bestens zurecht. Wer ein besonderes Leseerlebnis sucht, der wird hier auf alle Fälle fündig.

Wann die Geschichte genau spielt, konnte ich nicht richtig zuordnen, das bleibt wohl auch das Geheimnis der Autorin. Wegen diverser bekannter Gegenstände und Aussagen kann man jedoch davon ausgehen, dass das propagierte Zukunftsszenario nicht allzu weit vom Jetzt entfernt ist. Technisch ist alles etwas weiter fortgeschritten, ökologisch leben die Protagonisten in einer Zeit des negativen Wandels.
Bevor das Buch jedoch auf den Höhepunkt, den Grundkonflikt der Geschichte zusteuert, lernt man Patricia und Laurence als Kinder kennen. Dieser Part gefiel mir am besten, denn er gibt einen guten Einblick ihrer Gefühle und Lebensumstände. Patricia und Laurence waren schon immer besonders, beide auf ihre Art nerdig, und das bekommen sie von ihren Eltern und Mitschülern knallhart zu spüren. Was sie durchmachen müssen, tat mir sehr leid und hat mich richtig erschüttert. Folglich finden die junge Hexe und der nerdige Sonderling irgendwie zusammen, sie geben sich unbewusst Halt, wenn zuerst auch widerwillig und nicht ganz freiwillig.

Die Handlung hat mehrere Zeitsprünge, den größten, als sich Laurence und Patricia ein paar Jahre nach ihrer Kindheit zufällig wieder über den Weg laufen. In welchem Zustand die Welt nun ist, bekommt man als Leser nach und nach mit. Auch, dass die Gruppe der Hexen und die Gruppe der Wissenschaftler unterschiedliche Ziele verfolgen, was der Ausweg für die Menschheit bei einem ökologischen Zusammenbruch der Erde sein könnte, was ihr Überleben sichern könnte.

Im zweiten Teil hatte das Buch für mich einen kleinen Hänger, dahingehend, dass mir die Handlung etwas lang wurde und ich zwischen Wissenschaft und Magie mehr Gefühl erwartet hätte. Obwohl sprachlich sehr gut, bzw. wunderbar übersetzt, kann die Geschichte manchmal etwas nüchtern oder pragmatisch erscheinen. Vielleicht ist das ja gerade das Besondere daran. Trotzdem liest sich "Alle Vögel unter dem Himmel" wirkungsvoll und oft ernsthaft, hat aber auch einen unterschwelligen Humor, der zuweilen erfrischend komisch daherkommt. Das Buch ist aber auch sehr eigen und geizt nicht mit Elementen der magischen, märchenhaften Fantasy und futuristischen Science Fiction. Am Ende erschafft die Autorin damit eine Kombination, die mir in ihrer Ausführung zwar nicht neu war, die mich aber tatsächlich ein bisschen überwältigt zurückgelassen hat. Auf mich wirkte der Schluss fast ein bisschen verträumt ... und sehr hoffnungsvoll.

Das Fazit
"Alle Vögel unter dem Himmel" ist ein sehr ungewöhnlicher Roman, der Fantasy und Science Fiction auf eine frische und moderne Weise verbindet. Damit spricht das Buch Leser beider Genre an. Die Geschichte ist spleenig und eindrucksvoll gleichermaßen, hätte aber in ihrer Ausführung, vor allem zwischen den beiden Hauptprotagonisten, gefühlvoller sein dürfen, um den Grundkonflikt stärker hervorzuheben. Es bleibt jedoch ein besonderes Buch, das sich mit seiner nerdig-magisch-märchenhaft-futuristischen Art in keine Schublade stecken lässt und damit stark fesselt. 4 von 5 Sterne gibt es von mir für dieses Debüt.


© Damaris Metzger, www.damarisliest.de


FISCHER Tor (März 2017) - Klappenbroschur, 416 Seiten - 14,99 € [D]
Originaltitel: All the Birds in the Sky - Übersetzt von Sophie Zeitz