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Samstag, 30. September 2017

"Das Lied der Krähen" von Leigh Bardugo



Das Thema
Ketterdam - pulsierende Hafenstadt, Handelsmetropole, Tummelplatz zwielichtiger Gestalten: Hier hat sich Kaz Brekker zur gerissenen und skrupellosen rechten Hand eines Bandenchefs hochgearbeitet. Als er eines Tages ein Jobangebot erhält, das ihm unermesslichen Reichtum bescheren würde, weiß Kaz zwei Dinge: Erstens wird dieses Geld den Tod seines Bruders rächen. Zweitens kann er den Job unmöglich allein erledigen ...
Mit fünf Gefährten, die höchst unterschiedliche Motive antreiben, macht Kaz sich auf in den Norden, um einen gefährlichen Magier aus dem bestgesicherten Gefängnis der Welt zu befreien. Die sechs Krähen sind professionell, clever, und Kaz fühlt sich jeder Herausforderung gewachsen - außer in Gegenwart der schönen Inej ...

© Klappentext-, Cover- und Zitatrechte: Knaur Verlag


"Helvar ist nicht ... Helvar kämpft nicht in der Arena, oder?"
"Wir sind nicht wegen der Atmosphäre hier", sagte Kaz.
Sie wollte ihm wirklich gern eine runterhauen. "Ist dir klar, dass ich mit den Fingern schnippen könnte, und du würdest dir in die Hose machen?"
"Vorsicht, Entherzer. Ich mag diese Hose. Und wenn du irgendetwas mit meinen lebenswichtigen Organen anstellst, sieht Matthias Helvar die Sonne nie wieder."
Nina stieß die Luft aus und starrte stattdessen wütend um sich.
"Nina ...", murmelte Inej.
"Komm mir nicht so."
"Es wird alles gut. Lass Kaz machen, was er am besten kann."
"Er ist furchtbar."
"Aber erfolgreich. [...]" - S. 122/123


Das Leseerlebnis
Es ist schon ein tolles Gefühl "Das Lied der Krähen" in den Händen zu halten. Endlich ist es in deutscher Sprache erhältlich, das Buch, von dem gefühlt jeder Englischleser schwärmt. Und ja, schon vor dem Lesen konnte ich es nachvollziehen, denn Autorin Leigh Bardugo hatte mir bereits mit der Grischa-Trilogie die allerbesten Fantasylesestunden beschert. Kann man ein so stark umschwärmtes Buch eigentlich noch vorurteilsfrei lesen? Ja, das geht. Für "Das Lied der Krähen" benötigt man keine Grischa-Vorkenntnisse, die Handlung steht völlig für sich selbst, auch wenn die Geschichte in derselben Welt spielt. Die Protagonisten sind noch sehr jung, was man ihnen nicht anmerkt, trotzdem ist "Das Lied der Krähen" kein Jugendbuch, sondern ein bedeutsamer All-Age-Titel mit einer unglaublich guten Fantasygeschichte.

"Das Lied der Krähen" ist ein Buch, in dem ich mir als Leser zuerst einen umfassenden Überblick verschaffen muss. Der Umfang, inklusive zweier Karten und diversen Erläuterungen, ist ansehnlich. Hier gebe ich zu, dass vielleicht wirklich ein Grischa-Bonus zum Tragen kommt, doch auch Leser ohne diese Kenntnisse finden sich nach den ersten Kapiteln in der Geschichte zurecht.
Alleine vom Klappentext ausgehend, könnte man meinen, dass der undurchsichtige Dieb und Verbrecher Kaz Brekker die Hauptperson ist. Das stimmt auch, doch er schart er eine Gruppe aus "Freunden" um sich, eine Zweckgemeinschaft, die die Quintessenz der Handlung darstellen. Ohne den Prolog und den Epilog mitzuzählen, wird die Geschichte aus der Perspektive von fünf dieser Hauptpersonen erzählt. Das ist klasse gemacht, keine Sichtweise ist langweilig, alle ergänzen sich, gehen teilweise sogar ineinander über. Außerdem lernt man jede Person durch packende Rückblicke gut kennen und hegt für alle, trotz ihres Schurkendaseins, Sympathien. Die Charaktertiefe ist gewaltig, und ich hatte nie das Gefühl, aus der Handlung gerissen zu werden.
Neben den famos-eigenwilligen Charakteren trumpft das Buch mit einer exzellenten Sprache (und Übersetzung natürlich!) und einem sarkastischen Humor auf, der Spaß macht.

Konkret ist der Roman ein phantastisches Abenteuer. Es gibt ein klar definiertes Ziel, das die sechsköpfige Außenseitermannschaft erreichen will, eine Aufgabe, die es zu erfüllen gilt: Eine Zielperson soll aus einem Hochsicherheitstrakt, dem Eistribunal, befreit werden, um die Verbreitung einer Droge zu verhindern. Das Eistribunal liegt ein einem entfernten, gefährlichen Land und gilt als absolut einbruchsicher. Nicht nur die Gefahr, in die sich die Charaktere begeben, sorgt für ein hohes Spannungslevel. Es gibt auch untereinander reichlich Konfliktpotenzial und Überraschungsmomente, die immer wieder von Neuem mitreißen. Die knapp 600 Seiten vergehen so wie im Flug.
Der Schluss ist irre gut gemacht, auch ohne Cliffhanger, denn die Situation stellt sich völlig neu und anders dar als noch zu Beginn. So etwas mag ich sehr. Ich habe Kaz, Inej, Nina, Matthias, Jesper und Wylan so stark ins Herz geschlossen, dass es mir schwer fällt zu akzeptieren, dass das Buch für jetzt zu Ende ist. Zum Glück steht Band 2 noch aus. Ich kann es kaum erwarten!

Das Fazit
"Das Lied der Krähen" ist ein faszinierend-mitreißender Fantasyroman, ein echtes Abenteuer, und spielt in einer Welt, die ihresgleichen sucht. Leigh Bardugo gehört auf jede Leseliste! Die Protagonisten bestechen durch enorme Charaktertiefe und Vielfalt, so stark, dass man sie am Ende gar nicht loslassen möchte. Dazu kommt noch die vorzügliche Sprache und ein zuweilen bissiger Humor, der sich durch das ganze Buch zieht. Die Summe dieser Eigenschaften macht die Geschichte zu einem großen Lesespaß (besser, zu einem Lesemuss). Nicht verpassen! Der Dilogiestart erhält von mir 5 von 5 Sterne.


© Damaris Metzger, www.damarisliest.de


Knaur Verlag (Oktober 2017) - Band 1/2 - Klappenbroschur, 592 Seiten - 16,99 € [D]
Originaltitel: Six of Crows - Übersetzt von Michelle Gyo



Reiheninfo Glory or Grave-Dilogie:

Band 1 - Das Lied der Krähen


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