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Mittwoch, 6. September 2017

"Einzig" von Kathryn Evans



Das Thema
Die sechzehnjährige Teva scheint ein vollkommen normales Mädchen zu sein. Nicht einmal ihr beste Freundin Maddy oder ihr Freund Ollie ahnen, dass sie nicht ist, was sie vorgibt zu sein. Dass Teva sie anlügt, an jedem einzelnen Tag. Dass sie nur eine von vielen ist. Zu Hause warten ein Dutzend jüngere Versionen von ihr, für immer und ewig acht, neun oder zehn Jahre alt. Weggesperrt, nachdem sie 365 Tage lang so getan haben, als würden sie ein ganz normales Leben leben. Teva ist nicht bereit, ihre Freiheit und ihre Freunde aufzugeben, doch ihre Zeit läuft langsam ab. Nummer Siebzehn wartet nur darauf, endlich an die Reihe zu kommen. Tee beschließt, dass es ein Ende haben muss. Sie wird kämpfen, koste es, was es wolle ...

© Klappentext-, Cover- und Zitatrechte: FISCHER Kinder- und Jugendtaschenbuch


Inzwischen sind sechs Monate wie im Flug vergangen. Sechs Monate ist es her, seit ich, die neue Teva, mich aus dem Körper von Fünfzehn herausgekämpft habe. Seit sechs Monaten saß Fünfzehn wie eine Gefangene zu Hause, und ich war frei. Man muss kein Überflieger in Mathe sein, um zu kapieren, was das bedeutete. Dass mir nämlich noch knapp sechs Monate blieben, bis die nächste Teva sich wiederum aus mir herauskämpfen würde. Nur dass ich es nicht zulassen würde. - S. 7


Das Leseerlebnis
"Einzig" von Kathryn Evans, ein Debütroman für Jugendliche, hat zwar einen deutlichen und aussagekräftigen Klappentext, was sich hinter dem Buch verbirgt, konnte ich allerdings schlecht ermessen. Da ist ein Mädchen, Teva, das jeweils nur 365 Tage lebt? Danach wird ihr Leben von einer neuen Teva übernommen? Wie darf man sich das vorstellen? Dass es dann so plastisch dargestellt wurde, ahnte ich anfangs noch nicht. Genau dies fand ich sehr abgefahren, neu und auch gruselig - obwohl die Geschichte danach eine ganz andere Richtung einschlug als gedacht.

Da ist also Teva, sechzehn Jahre alt und seit sechs Monaten getrennt von ihrer Teva-Vorgängerin. Oder besser, sie führt seit sechs Monaten das Leben der vorherigen Teva. Klingt das kompliziert? Eigentlich nicht, nur ungewöhnlich und ganz schön gruselig. Denn so ist es in der Geschichte tatsächlich. Teva hat etwa ein Jahr Zeit, bevor sie von einem neuen Ich abgelöst wird (das sich wirklich aus ihrem Körper abtrennt - uuuuahhhh). Danach bleibt der alte Körper zurück und lebt nun als Nummer weiter und wird nicht älter ... und ist eingesperrt, zusammen mit allen weiteren früheren Versionen. Die aktuellen Teva führt hier das Leben ihrer Vorgängerin, Fünfzehn, weiter. Sie geht zur Schule und hat somit auch Fünfzehns beste Freundin und ihren Freund übernommen, ohne, dass diese etwa davon ahnen. Und die aktuelle Teva will ihr Leben nicht nach einem Jahr wieder aufgeben müssen. Sie will es behalten und darum kämpfen.

Mensch, ist das Thema gut! Nein, wirklich. Ich war sehr geflasht und hatte beim Lesen immer eine Art Knoten im Magen. Denn das Leben von Teva ist alles andere als sorgenfrei, eher ganz schön kompliziert. Und zu Hause warten immer ihre Mutter mitsamt allen früheren Versionen von ihr. Besonders zu Fünfzehn ist die Beziehung belastet, da diese ihr Leben gerne behalten hätte. Dieses Problem, diese Besonderheit kommt sehr ungefiltert und gefühlvoll beim Leser an und nahm mich gefangen, anfangs zumindest. Da störten mich selbst kleine Ungereimtheiten nicht. Zum Beispiel empfinde ich es als nicht ganz so einfach oder logisch, dass eine Mutter mit elf eingesperrten "Kindern" in einem Haus lebt, ohne dass jemand etwas merkt. So wie es dort zugeht, ist das nahezu ausgeschlossen. Aber gut, egal.
Mit der Zeit entwickelte sich die Geschichte dann zu einem Roman, wie man ihn oftmals liest. Ein Mädchen geht jeden Tag zur Schule, oder auch mal nicht, und erlebt alle Teenagerproblemen, die in dieser Zeit eben aufkommen. Das war zwar nicht uninteressant, ich habe Tevas Lebensabschnitt gerne mitverfolgt, aber mir fehlte die konsequente Aufrechterhaltung des Grundthemas, bzw. hätte die Autorin hier noch viel mehr daraus machen können.

Erst gegen Ende geht es dann nochmals richtig zur Sache. Die Ereignisse sind nicht mehr aufzuhalten, es wird manchmal ganz schön hart, erschreckend und auch abgefahren. Zur Geschichte passt das aber und gefiel mit gut, weil ich diese Handlungsweise in einem Jugendroman noch nie gelesen hatte. Auch mit der Lösung kann man als Leser leben, obwohl etwas mehr Länge am Ende nicht verkehrt gewesen wäre. Einiges wurde dann doch recht schnell abgehandelt, als hätte sich die Autorin beeilt, und am Ende bleiben noch kleine Restfragen offen.

Fazit
"Einzig" ist für einen Jugendroman wirklich einzigartig. Nicht einzigartig gut, aber einzigartig besonders. Das Thema ist so speziell, dass es den Leser sofort mitnimmt, ihn gruselt und oftmals erschreckt. Komplett kann die Geschichte dieses Niveau nicht halten, denn sie liest sich im Mittelteil wie ein recht normaler Teenagerroman, bei dem das Problem von Teva und ihren früheren Ich-Versionen nur noch zweitrangig erscheint. Trotzdem hat das Buch etwas, das sich festsetzt und in Erinnerung bleibt. Einzigartig eben. Muss man ausprobieren. 3,5 von 5 Sterne gibt es von mir.


© Damaris Metzger, www.damarisliest.de


FISCHER Kinder- und Jugendtaschenbuch (Mai 2015) - Klappenbroschur, 368 Seiten - 12,99 € [D]
Originaltitel: More of me - Übersetzt von Sabine Reinhardus - ab 13 Jahren