Das Thema
Lila lackierte Fingernägel sind das Markenzeichen von Grace und ihrer Mutter Maggie. Dabei könnten sie sonst nicht unterschiedlicher sein: die ehrgeizige Grace will nach der Schule Musik studieren, denn sie ist eine begabte Pianistin. Ihre Mutter dagegen ist das personifizierte Chaos und stolpert von einer schlechten Entscheidung in die nächste, ohne zu verstehen, was sie ihrer Tochter damit antut. Erst als Eva in ihr Leben tritt, glaubt Grace, sich mit ihrer Hilfe endlich aus den Fängen ihrer Mutter und der engen Kleinstadt befreien zu können. Doch als Maggie immer mehr an Bodenhaftung verliert, steht auch die Zukunft der beiden Mädchen auf dem Spiel. Jetzt ist es an Grace, sich und Eva zu retten, und endlich zu lernen, wie man liebt und wie man loslässt.
© Klappentext-, Cover- und Zitatrechte: Magellan Verlag
"Warum Lila?", fragt sie.
Mir schnürt es reflexartig die Kehle zu. "Hat Maggie dir das etwa nicht erzählt?"
Eva schüttelt den Kopf, und ich bin seltsam erleichtert, dass Mom das nicht preisgegeben hat.
"Lila ist schon immer unsere Farbe", antworte ich leise, während Eva weiter mit Daumenkuppe über jeden meiner Finger streicht. "Meine und Moms. Sie fing schon an, mir die Nägel lila zu lackieren, als ich noch ganz klein war."
"Und warum?"
Da erzähle ich ihr von der Sache mit dem Wünschen. Dass Mom immer sagte, wir wünschen uns etwas von unseren Fingerspitzen und greifen nach dem, was wir wollen. Egal, was es ist. - S. 220/221
Das Leseerlebnis
So ungewöhnlich ist es gar nicht, die Handlung klingt eigentlich sogar ganz nett. Eine Mutter lackiert sich und ihrer Tochter, schon seit deren Kindheit, die Fingernägel in der gleichen Farbe. Warum? Um ihre Verbundenheit auszudrücken, ihre Einheit als Mutter und Tochter. Und auch als eine Art Ritual, kombiniert mit dem Traum, dass damit ihre Wünsche in Erfüllung gehen. Die Realität sieht aber so aus, dass die Beziehung zwischen Grace und ihrer Mutter Maggie nicht wirklich als gut bezeichnet werden kann, Grace sogar erkennen muss, dass es nötig werden könnte, sich vom Leben der Mutter zu lösen. Ob und wie ihr das gelingt, thematisiert Ashley Herring Blake in "Eine Handvoll Lila". Eines gelang der Autorin jedoch auf Anhieb; ich konnte mich kaum von den Seiten lösen.
Schon im ersten Kapitel spürt man als Leser die recht "giftige" Beziehung zwischen Mutter und Tochter. Vielleicht ist der Begriff giftig nicht ganz richtig, denn beide lieben den jeweils anderen, so wie das in Familien normal sein sollte. Außerdem hat Mutter Maggie eine enorme Anziehungskraft. Es ist vielmehr so, dass es Maggie nicht gelingt, Verantwortung für ihr Leben, und das der Tochter zu übernehmen. Grace muss damit zurechtkommen, ihre Mutter fast wöchentlich aus irgendeinem Schlamassel zu retten und deren Schnellschüsse und Übersprungshandlungen ertragen, bzw. kompensieren. Die Mutter-Tochter-Beziehung verläuft verkehrt herum, in komplett falschen Bahnen, das Leben der beiden ist einfach nur chaotisch.
Als Grace dann Eva kennen und lieben lernt, ein Mädchen, das selbst mit einem schweren Schicksalsschlag zu kämpfen hat, wird diese unweigerlich von Maggie in Beschlag genommen und somit in die chaotischen Lebensverhältnisse hineingezogen.
Ab Beginn bin ich durch die Geschichte gerauscht. Ich empfand sie sofort als vollkommen gelungen. Die Autorin schreibt so schwungvoll und gefühlvoll-vereinnahmend, dass man komplett ins Buch eintaucht. Weil ich aber immer viel hinterfrage, kam es mir kurzzeitig so vor, als ob zu viele Themen in die Handlung gepackt wären. Da wäre die Beziehung zwischen Grace und ihrer Mutter (inkl. Alkoholsucht), Grace' sexuelle Identität, Freundschaft und ihre Zukunftsträume/-pläne als Pianistin. Aber nein, am Ende passte alles sehr gut. Man muss es mögen, dass der Roman insgesamt ein wenig überdramatisiert wirkt - es gibt einfach sehr viele Baustellen für Grace -, aber das Leseerlebnis ist durchweg klasse. Vor allem zum Ende hin habe ich sehr mit Grace gebibbert und empfand es als echt und zu Herzen gehend, wie alles gelöst wurde. Sehr schön!
Das Fazit
Ich hatte nach "Eine Handvoll Lila" nicht unbedingt das Bedürfnis, meine Nägel lilafarben zu lackieren ... und das ist gut so und sollte wohl auch nicht so sein. Das Buch hat mich mit seiner gefühlvollen Geschichte stark vereinnahmt, so stark, dass ich es innerhalb kurzer Zeit zu Ende lesen musste, und mir inklusive aller Dramatik ein (fast) perfektes Leseerlebnis beschert. Eine wirklich empfindsamer und vielfältiger Roman. Nicht verpassen! 4,5 von 5 Sterne gibt es von mir.
© Damaris Metzger, www.damarisliest.de
Magellan Verlag (Januar 2018) - Hardcover, 352 Seiten - 18,00 € [D]
Originaltitel: How to make a wish - Übersetzt von Birgit Salzmann - ab 14 Jahren