Das Thema
Maia Tamarin träumt davon, die beste Schneiderin des Reiches zu werden, aber als Mädchen ist ihr das Handwerk untersagt. Als der Kaiser einen Wettbewerb um den Posten des Hofschneiders ausruft, fasst sie einen gewagten Plan. Verkleidet als Junge reist sie an den Hof. Keiner darf ihr Geheimnis erfahren, doch schon bald zieht sie die Aufmerksamkeit des geheimnisvollen Magiers Edan auf sich. Um die schier unmögliche letzte Aufgabe zu erfüllen, begibt sie sich mit ihm auf eine gefährliche Reise, die sie fast alles kostet, was ihr lieb und teuer ist.
© Klappentext-, Cover- und Zitatrechte: Carlsen Verlag
"[...] Schlaft nicht ein, sonst fallt Ihr herunter.
Ich nickte und tätschelte meinem Pferd zaghaft die Mähne. Sein Fell war von einem dunklen Gelb wie der Sand der Wüste, die wir durchreiten würden. "Wie heißt es?"
"Rübe."
"Und euer Pferd?"
Edan lächelte sein Reittier an, das um einiges größer als meins war und schönes schwarzes Fell und eine silbrige Mähne hatte.
"Graziella."
"Natürlich", murmelte ich, als er mit einer geschmeidigen Bewegung aufsaß und losritt. - S. 205
Das Leseerlebnis
Wow, was für eine tolle Geschichte! Das waren meine ersten und auch weiterführenden Gedanken, als ich "Ein Kleid aus Seide und Sternen" las. Maia Tamarin kann schneidern. Es liegt ihr ab Kindesbeinen im Blut. Sie kann es einfach perfekt. Das möchte sie gerne dem ganzen Reich beweisen, doch leider ist in A'landi die Ausübung dieses Berufes nur Männern erlaubt. Doch Maias Gelegenheit kommt. Als Junge verkleidet reist sie zu einem Wettbewerb um den Posten des Hofschneiders, direkt zum Kaiserpalast. Und damit beginnt die Geschichte so richtig, die sich zu einem und vielschichtigen Abenteuer ausweitet. Es gibt intrigante, fast unlösbare Aufgaben und eine romantische Quest, die mit einer überraschenden Wendung endet. Im ersten Teil des Buches war ich mit der Geschichte sehr glücklich, im zweiten Teil ließ sie dann leider für mich nach.
Dass sich ein Mädchen als Junge verkleidet, um ein Ziel zu erreichen, ist in der Literatur nicht neu. Aber spannend. Und so verfolgte ich ziemlich gebannt, wie sich Maia anfänglich durch den widrigen Alltag am Kaiserhof mogelt, immer in Angst, sich und ihr Geheimnis zu verraten. Autorin Elizabeth Lim hat in "Ein Kleid aus Seide und Sternen" ein fernöstliches und wortwörtlich magisches Setting erschaffen, dessen Umsetzung durch eine tolle Karte, auf der man Wege verfolgen kann, unterstützt wird. Die Charaktere und ihre Hintergründe empfand ich als (zumeist) plausibel und aufregend zu begleiten. Vor allem Maia ist eine Kämpferin, die für ihre Ziele und ihre Familie einsteht, auch wenn sie noch so oft aus der Bahn geworfen wird und ihr Vorhaben sie das Leben kosten könnte. Ich empfand die Geschichte als sehr vereinnahmend, und so kam es, dass ich das Buch im ersten Teil kaum zur Seite legen konnte.
Im zweiten Teil des Buches bekommt Maia eine fast unlösbare Abschlussaufgabe gestellt, die eine gefährliche Reise durch das Land, zu phantastischen und mystischen Schauplätzen beinhaltet. Prinzipiell attraktiv zu lesen, jedoch beginnt hier meine Kritik. Begleitet wird Maia vom kaiserlichen Hofmagier Edan. Und ja, hier ist sie, die romantische Lovestory der Geschichte. Gefühlt habe ich diese leider so gar nicht, vor allem deshalb, weil ich mit Edan als Charakter nicht viel anfangen konnte. Die anfänglichen Kabbeleien fand ich lustig, darüber hinaus blieb mir Edan insgesamt zu blass, ich mochte ihn nicht mal besonders gut leiden. Und obwohl sich Edan und Maia schon eine Weile immer wieder über den Weg liefen, fühlte sich die Beziehung für mich nach Instalove an. Jeder Gedanke von Maia, und sei die Aufgabe innerhalb der Reise auch noch so wichtig und schwer, dreht sich um Edan und die Liebe zu ihm. Ich war genervt.
Wahrscheinlich war darum die große und emotionale Wendung gegen Ende, die Auswirkungen auf die Lovestory hat, für mich gar nicht so dramatisch oder wichtig. Das ist schade, denn anfänglich ging ich bei der Geschichte von einem vollumfänglichen Lesehighlight aus. So fühlte es sich zuerst an, war dann am Ende nur noch mittelprächtig. Trotz Wendung hat die Geschichte am Ende keinen Cliffhanger. Wer das aushält, im zweiten Reihenband erfolgt dann ein neuer Storyabschnitt, der kann "Ein Kleid aus Seide und Sternen" auch als Einzelband lesen.
Das Fazit
Für mich stimmte bei "Ein Kleid aus Seide und Sternen" ab Beginn alles. Ein spannendes und mitreißendes Thema, ein magisches Fernost-Worldbuilding und ein Mädchen, das ihr Ziel, trotz ständiger Rückschläge, im Auge behält, ließen die Geschichte nur so dahinrasen. Ein Weglegen des Buches war fast unmöglich. Leider änderte sich das im zweiten Teil, in der die vereinnahmende Geschichte von einer Lovestory übernommen wird, die mir nicht zusagte, weil ich mit dem männlichen Part derselben wenig anfangen konnte. Damit rutschte das Buch für mich vom Lesehit aufs Lesemittelfeld. 3 von 5 Sterne vergebe ich dafür.
© Damaris Metzger, www.damarisliest.de
Carlsen Verlag (Juli 2020) - Band 1/2 - Klappenbroschur, 448 Seiten - 16,00 € [D]
Originaltitel: Spin the Dawn - Übersetzt von Barbara Imgrund - ab 14 Jahren