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Freitag, 21. August 2020

"Sankt Irgendwas" von Tamara Bach



Das Thema
Irgendetwas ist schrecklich schiefgegangen auf der Klassenfahrt der 10b. Das sagen zumindest die anderen. Und dass es deshalb heute Abend eine Klassenkonferenz mit ALLEN Eltern gibt. Aber keiner weiß, was genau passiert ist. Eine Art Machtkampf zwischen Schülern und Lehrern. Ob in dem Protokoll mehr steht? Und ob wirklich eine ganze Klasse von der Schule geschmissen werden kann?

© Klappentext-, Cover- und Zitatrechte: Carlsen Verlag


Herr Utz schaut auf die Uhr und sagt, dass es Zeit ist für den Aufstieg.
Katinka und Jasmin haben aber noch bestimmt 30 Seiten Referat über das Dorf.
Das sei nicht sein Problem, das hätten die beiden besser takten sollen. Und auswählen, was wirklich wichtig ist.
Warum dreht Utz alles immer so, als wäre man selbst schuld? Und macht einen Vorwurf daraus? Anstatt dass er einfach mal feststellt, dass die beiden sich echt viel Arbeit gemacht haben Und wie toll das ist.
Der Klassenfahrtsgrinch.
- S. 57/58


Das Leseerlebnis
Tamara Bachs Bücher beim Carlsen Verlag sind immer passend, mit einem besonderen Detail, zur Geschichte gestaltet. Auf dem Schutzumschlag und unten drunter auch. Bei "Sankt Irgendwas" wird das auf dem Einband verdeutlicht. Hier haben sich (wie man es von Wänden oder Klotüren kennt) in einem bunten Sammelsurium Hunderte Schüler*innen verewigt. Das sieht nicht nur klasse aus, es ist auch ein bedeutender Abschnitt innerhalb der Geschichte. Und dann sind viele Bücher der Autorin auch recht kurz. Trotzdem trifft sie bei "Sankt Irgendwas" auf rund 120 Seiten einen Nerv ... und ich bin mir sicher, nicht nur meinen. Ich habe bei der Geschichte nämlich eine andere Gewichtung erwartet und war vom Blickwinkel und den Gedanken, die man sich dazu macht, tatsächlich überrascht.

Schon auf den ersten Buchseiten, die komplett aus Dialogen von Schüler*innen bestehen, wird klar, das etwas passiert ist. Die 10b kam von einer Klassen-, bzw. Studienfahrt zurück und wurde verwarnt. Zumindest wurden für den Abend sofort alle Eltern und die Schulleitung zu einer Konferenz einberufen. Was genau vorgefallen ist, ist noch unklar. Natürlich wird viel darüber spekuliert. Aber kann tatsächlich einen ganze Klasse bestraft werden? Oder sogar das Schuljahr nicht bestehen?
Nach der Dialog-Einleitung geht es los. Vom Beginn der Studienfahrt, bis zur Rückkehr erfahren Leser*innen nach und nach, was vorgefallen ist. Das wird in Form eines Klassenprotokolls geschildert. Zuerst ist dieses Protokoll noch sehr sachlich und flapsig-lustig geschrieben, wird mit der Zeit aber immer persönlicher. So persönlich, dass sich die Schüler*innen bald Gedanken machen, ob es nicht besser unter Verschluss bleiben sollte.

Ich denke, dass jede*r die Sache, die auf der Studienfahrt passiert ist, anders empfinden wird. Mir stellte sich auch nicht die Frage, "wie schlimm" das Ganze nun wirklich war. Im Grunde ist es nämlich eine Abfolge von Geschehnissen, das Verhalten und die Wertvorstellung einer bestimmten Person, die Auswirkungen auf die ganze Klasse hat. Ich selbst habe mir viele Gedanken über die Geschichte gemacht und ihren Blickwinkel analysiert. Denn die Autorin wählt hier nicht den Weg des oder der Schuldigen, wie man ihn vielleicht erwartet. Das fand ich genial! Es gibt am Ende auch keine Lösung und keine Moral. Man kann das Buch einfach so stehen und wirken lassen.
Geschrieben ist die Geschichte wieder sehr akzentuiert und trocken-besonders. Sie hat diesen bestimmten Klang, den Ton der allen Tamara-Bach-Storys anhaftet. Nichts anderes habe ich erwartet und nichts anderes möchte ich haben. Für mich ist alleine dieser Stil, diese Besonderheit, jedes Mal ein Fest.

Das Fazit
Ein Lesefest, das sind für mich die Bücher von Tamara Bach. "Sankt Irgendwas" war da keine Ausnahme, ich finde die Geschichte superklasse! Stil und Klang sind einzigartig und an Besonderheit nur schwer zu übertreffen. Dabei geht das Buch, trotz des brisanten Themas, weniger in Richtung Unterhaltung, sondern liest sich auf eine ganz eigene Art literarisch. Der Blickwinkel auf die Geschichte, den die Autorin hier wählt, und die Aussage, die damit verbunden ist, haben mich am Ende lange über den Roman nachdenken lassen. So soll das sein! 4,5 von 5 Sterne gibt es von mir.


© Damaris Metzger, www.damarisliest.de


Carlsen Verlag (Juli 2020) - Hardcover mit Schutzumschlag, 128 Seiten - 13,00 € [D]
- ab 14 Jahren