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Dienstag, 3. November 2020

"Papierklavier" von Elisabeth Steinkellner



Das Thema
Maia, 16, pendelt zwischen Schule, Teilzeitjob und ihrer Rolle als Ersatzmutter für ihre jüngeren Schwestern. Als eines von drei Kindern, jedes von einem anderen Vater, wird sie schon mal schief angesehen, lässt sich aber keineswegs unterbuttern. Schnoddrig, selbstbewusst und mit zwei besten Freund*innen an ihrer Seite geht sie durchs Leben, kämpft manchmal gegen ihre eigenen Kilos, meist aber gegen zu starre Schönheitsnormen. Sie steht zu sich und hält zu ihren Freundinnen - komme, was da wolle. Und trotz vieler Verpflichtungen und mancher Niederlagen erobert sie sich mutig ein Stück vom Glück. Ihre Gefühle schreibt sie hier nieder, mit Bildern, die da einspringen, wo Maia keine Worte findet. Der Stil ist sowohl frei als auch witzig, einfühlsam und verletzlich - genau wie Maia selbst.

© Klappentext-, Cover- und Zitatrechte: Beltz & Gelberg


Es hat durchaus sein Gutes, nur zwei ECHTE Freund*innen zu haben.
Ich muss mich zum Beispiel nicht ständig auf einer dieser Selbstdarstellungsplattformen herumtreiben und dort allen verklickern, wie schön, beliebt und erfolgreich ich bin. Niemals würde ich zwei Menschen, die mich im echten Leben wirklich mögen, gegen Hunderte sogernannter Freunde tauschen wollen, die mich gar nicht richtig kennen. - Elisabeth Steinkellner, "Papierklavier"


Das Leseerlebnis
Um "Papierklavier" zu beurteilen oder zu bewerten, muss ich meine grauen Zellen ganz schön anstrengen. Hier fallen mir die Worte gewiss nicht zu, und meine Eindrücke zu diesem Roman niederzuschreiben ist alles andere als einfach. Inhaltlich und optisch definiert sich das Buch eigen, nicht alltäglich. Ich mag das. Die, lt. Druckbild, handschriftlichen Notizen eines Mädchens gehen Hand in Hand mit gezeichneten Bildern und Illustrationen. Autorin Elisabeth Steinkellner hat eine sehr besondere und gefühlsbetonte Geschichte geschrieben. Illustratorin Anna Gusella hat sie wunderbar in Szene gesetzt.

So richtig glücklich ist die 16-jährige Maia zur Zeit nicht. Der Job in der Saftbar eines Einkaufszentrums macht keinen großen Spaß, jedoch fühlt sich Maia dazu verpflichtet. Die Mutter arbeitet viel, ist immer müde und ausgelaugt, und das Geld reicht trotzdem nicht. Somit kümmert sich Maia um ihre jüngeren Schwestern, schlüpft manchmal sogar in die Mutterrolle. Und dann stirbt auch noch Nachbarin Sieglinde, die die Mädchen unter ihre Fittiche nahm, die etwas kochte, wenn der eigene Kühlschrank mal wieder leer war, die Klavierstunden gab und immer ein offenes Ohr für Sorgen und Nöte hatte. Aber Maia ist kein Mädchen, dass sich schnell unterkriegen lässt. Sie ist mutig, und sie hat zwei wunderbare Freund*innen,  an ihrer Seite. Ihr Leben ist nämlich doch nicht so verkehrt, und das erkennt Maja bald.

"Papierklavier" ist ein Tagebuchroman. Maia schreibt hier ihre Gedanken und Gefühle nieder, unterstreicht diese mit vielen Kritzeleien und Illustrationen oder hervorgehobenen Wörtern. Eine Seitenangabe gibt es nicht, darum wirkt das Ganze auch so authentisch. Es ist weniger eine Geschichte, als vielmehr einzelne Momentaufnahmen. Mit der Zeit ergibt sich ein Bild von Maias Leben und der Situation, in der sie gerade steckt. Und daraus wird dann eben doch eine vollständige Geschichte. Mich hielt sie als Leserin die ganze Zeit bei der Stange. Ich war fasziniert von der Aktualität und der Offenheit des Erzählstils. Die Geschichte ist sehr direkt und manchmal offensiv oder forsch. Dann aber wieder gefühlvoll-herzlich und voller natürlicher Diversität. Der emanzipierte Blickwinkel gefällt mir sehr.
Einen Schluss oder ein Fazit darf man bei "Papierklavier" nicht erwarten. Denn Majas Leben geht weiter. Aber es ist gut, so wie es ist. Und darum schließt man das Buch mit einem positiven und bedeutungsvollen Gefühl. 

Das Fazit
"Papierklavier" gehört für mich zu den Büchern, bei denen es schwer fällt, die passenden Worte zu finden, die mir am Ende, nach nochmaligem Revue-passieren-lassen, das Gefühl geben, etwas Bedeutungsvolles gelesen zu haben. Die Handlung ist authentisch, die natürliche Diversität, die die Geschichte innehat, richtungsweisend. Dazu kommt die ganz eigene und nicht alltägliche Gestaltung, Sehr schön! Wer gerne Tagebuchromane liest, die über den Tellerrand hinausschauen, sollte sich "Papierklavier" mal anschauen. 4 von 5 Sterne vergebe ich dafür.


© Damaris Metzger, www.damarisliest.de


Beltz & Gelberg (August 2020) - Hardcover, 140 Seiten - 14,95 € [D]
Illustriert von Anna Gusella - ab 15 Jahren