Das Thema
An einem heißen Sommermorgen verlässt Davie sein Zuhause, nicht ahnend, dass dieser Tag alles verändern wird.
Seine Welt ist ihm sehr vertraut - eine unbedeutende Kleinstadt, die er noch nie verlassen hat. Aber dieser Tag wird alles andere als alltäglich: Ein Junge wurde getötet, und Davie glaubt zu wissen, wer der Mörder ist. Auf der Suche nach ihm verschmelzen Realität und Phantasie, und bald merkt Davie, dass nichts so ist, wie es auf den ersten Blick zu sein scheint.
© Klappentext-, Cover- und Zitatrechte: FISCHER Sauerländer
Davie liegt in seinem Bett, in dem Schatten hinter den zugezogenen Vorhängen, als alles anfängt. Er hat den ganzen Tag vor sich, aber er will liegen bleiben. Er will älter sein, dann hätte er vielleicht schon eine Freundin oder könnte mit den Jungs einen trinken gehen. Er will jünger sein und herumrennen und schreien wie ein Irrer.Von unten ruft seine Mam nach ihm."Davie! Raus in die Sonne, Junge!" - S. 7
Das Leseerlebnis
"Ein finsterheller Tag" (toller Titel!) habe ich lange Zeit herbeigesehnt. Das Thema klang berührend und literarisch, dazu ein bisschen spannend. Und das alles trifft auf das Buch zu. Allerdings wurde mir das Lesen nicht leicht gemacht, denn die Geschichte mutet ziemlich seltsam an. Sie ist überwiegend ruhig und sehr metaphorisch, wird dadurch stellenweise etwas zäh. Das Buch ist eines, bei denen ich weiß, dass sie gut und besonders sind, die bei mir aber trotzdem nicht so recht landen können. Und weil ich mir kein Kind der ab 12-jährigen Zielgruppe vorstellen kann, das einen Zugang zur Geschichte oder große Freude daran finden wird, sehe ich das Buch eher für eine erwachsene Zielgruppe von Leser*innen, die seltsam-metaphorische und literarische Bücher schätzen.
Davie hat eine schlimme Zeit hinter sich und auch noch vor sich. Sein Vater ist gestorben. Davie trauert und weiß nicht recht, wie er seine Tage verbringen soll. Er ist in dem jungen jugendlichen Alter, in dem man gerne schon älter oder reifer wäre, das Kindsein aber noch nicht völlig aufgeben will. Er hat das Bedürfnis zu rennen, zu schreien, sorgenlos zu sein. Um ihn abzulenken, wird Davie von seiner Mutter dazu aufgefordert, den Tag draussen zu verbringen. Mit einem Rucksack voller alter Spielsachen und Proviant macht Davie einen Tagesspaziergang durch und um eine Kleinstadt voller einprägsamer Menschen, Erlebnisse und Erkenntnisse.
Hineinversetzen konnte ich mich in Davie gut. Autor David Almond hat hier einen Erzählstil gewählt, der es Leser*innen leicht macht zu erfassen, was in dem Jungen vorgeht. Er ist traurig, aber auch hoffnungsvoll. Er möchte dazugehören; weil er jedoch noch nicht weiß, in welche Richtung sein Leben geht, fällt ihm das als junger Jugendlicher nicht leicht. Und so dümpelt Davie mehr oder weniger durch seine Kleinstadt, und jede Person, die er trifft, hat ihm etwas zu sagen oder ihn etwas zu "lehren". Da ist ein Priester, der nicht mehr Priester sein möchte, weil er sich heimlich verliebt hat. Zwei verfeindete Familien, mit deren Fehden Davie sich auseinandersetzten muss. Oder zwei Frauen, die ihm Freiheitsdenken, anhand einer Vogelgeschichte vermitteln wollen (?) ... und noch viel mehr. Das alles ist ungewöhnlich, etwas fremd und sinnbildhaft, hat für mich das Lesen stellenweise anstrengend gemacht.
Die Geschichte endet mit einigen Überraschungen, die ich ziemlich schön fand, und stimmt nachdenklich, aber auch hoffnungsvoll für Davies Leben.
Das Fazit
"Ein finsterheller Tag" ist nicht nur ein Buch mit einem besonders schönen (und passenden!) Titel, es enthält auch eine ebenso besondere und einzigartige Geschichte. Davies Stadtspaziergang ist berührend und stimmt nachdenklich, jedoch ist die Geschichte auch seltsam-eigen, dazu sehr metaphorisch und etwas zäh. Sie ist literarisch und gleichzeitig anstrengend. Ob sich die jugendliche Zielgruppe dafür erwärmen kann? Ich bin mir nicht sicher. Leser*innen von sinnbildlichen und etwas anderen Geschichten könnten mit dem Buch aber sehr glücklich werden. 3 von 5 Sterne gibt es von mir.
© Damaris Metzger, www.damarisliest.de
FISCHER Sauerländer (April 2021) - Hardcover, 240 Seiten - 16,00 € [D]
Originaltitel: The Colour of the Sun - Übersetzt von Alexandra Ernst - ab 12 Jahren