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Donnerstag, 26. Juli 2012

Rezension zu "Schattenspieler" von Michael Römling



Verlag: Coppenrath (Juni 2012)
Originaltitel: -
Übersetzer: -
Reihe: - , ab ca. 14-17 J.
Ausführung: Hardcover/SU, 352 S.
ISBN: 978-3815753071
14,95 € [D]

Genre: (Jugend-)Roman


Inhalt/Verlagsinfo
April 1945: Berlin liegt in Schutt und Asche, und die Rote Armee steht bereits vor den Toren der Hauptstadt. In den Wirren der letzten Kriegstage kreuzen sich die Wege von Friedrich und dem jüdischen Jungen Leo, der die Kriegszeit in dunklen Kellern überleben konnte. Beide sind auf der Jagd nach einem großen Geheimnis: Irgendwo in Berlin liegt ein unsagbar wertvoller Schatz verborgen, den ein hochrangiger Wehrmachts-Offizier vor Kriegsende noch schnell beiseiteschaffen will. Bald finden die Freunde eine heiße Spur. Doch die Zeit wird knapp, denn Friedrich und Leo sitzt ein mächtiger Gegner im Nacken, der vor nichts zurückschreckt. (Text- und Bildquelle: Coppenrath Verlag)

Über den Autor
Dr. Michael Römling, geboren 1973 in Soest, studierte Geschichte in Göttingen (wo er inzwischen wieder lebt), Besancon und Rom. Nach einem Stipendium am dortigen Deutschen Historischen Institut promovierte er mit einer Arbeit über spanische Soldaten in Italien im 16. Jahrhundert. Er schreibt und verlegt Stadtgeschichten, Bildbände und Stadtführer im von ihm mitgegründeten Tertulla-Verlag. Nach "Signum: Die verratenen Adler" (2009) ist "Schattenspieler" sein zweiter historischer Roman.

Rezension

Der erste Satz: "Er soll uns bleiben, was er uns ist und immer war", scharrte die Stimme aus dem Radio.

Berlin steht kurz vor der Eroberung durch die russische Armee. Täglich werden Fliegerangriffe auf die schon stark zerstörte Stadt geflogen. Leo ist ein jüdischer Junge und lebt in Berlin als "U-Boot", das heißt, er versteckt sich vor der SS und der Gestapo in Kellern und auf Dachböden.
Zur selben Zeit erfährt der etwa gleichaltrige Friedrich, dass sein Vater im Krieg gefallen ist. Friedrich wohnt mit seiner Mutter in einer Berliner Villengegend, die von der Zerstörung weitestgehend verschont wurde. Mit der Todesnachricht seines Vaters entdeckt Friedrich, dass dieser ein Geheimnis hinterlassen hat, welches Friedrich unbedingt aufdecken möchte. Als sich die Wege der beiden Jungen kreuzen, schließen sie schnell Freundschaft und setzten alles daran, das geheime Versteck eines wertvollen Schatzes zu finden.

"Unser Hitler", wiederholte Wilhelm verächtlich. "Dürfte sein letzter Geburtstag gewesen sein. Glückwunsch auch von uns."
"Warum hörst du dir das überhaupt an?" fragte Leo.
"Weil ich neugierig bin, wie groß der Abstand zwischen Wahn und Wirklichkeit noch werden kann."
"Wahn und Wirklichkeit", murmelte Leo.
(Seite 6)

Bücher über den zweiten Weltkrieg und das Dritte Reich, mit all seinen Schrecken, sind nicht der bevorzugte Lesestoff von Jedermann. Vielen gehen die schlimmen Fakten einfach zu nahe, und andere interessieren sich von Haus aus nicht sehr für Geschichte, egal in welcher Zeit sie spielt. Umso interessanter ist dann immer die Frage, wie Autoren dieses schwierige Thema umsetzten. Darum muss man hier betonen, das "Schattenspieler" keine geschichtliche Abhandlung ist. Es ist ein Roman - und zwar ein außerordentlich guter! Eine fiktive und spannende Kriminalgeschichte verknüpft Michael Römling mit hervorragend recherchierten Tatsachen. Man liest einen Roman, bei dem die Recherchearbeit so gut in die Geschichte einfließt, dass er sich einfach "echt" anfühlt. Ob Stadt-, Angriffs-, Personen- oder Tatsachenbeschreibung. Wenn M. Römling von weißen Betttüchern erzählt, die die Bewohner nach der Kapitulation Berlins aus ihren Fenstern gehängt haben, meint man, er wäre dabei gewesen.

Die Geschichte startet spannend, mit einem Fliegerangriff auf das schon stark beschädigte Berlin 1945. Und mittendrin steckt Leo, ein jüdischer Junge, dessen Eltern tot sind und der sich bei einem Freund und in den Kellern der Stadt versteckt. So hofft er, den deutschen "Spürhunden" (SS und Gestapo) zu entgehen und den Krieg irgendwie zu überleben.
Nach einer geglückten Flucht und einem Zusammentreffen mit einem Vorposten der russischen Armee kreuzt sich Leos Weg mit Friedrich, der den Krieg zu Hause mit Mutter und Schwester erlebt und immer Sorge haben muss, dass er, auch als sehr junger Jugendlicher, noch für den Krieg eingezogen wird.
Neben der personalen Erzählperspektive von Leo und Friedrich, wechselt der Autor zwischendurch immer wieder zu einem hochrangigen SS-Offizier, der auf die letzten Kriegstage hin noch etwas zu verbergen hat. Außerdem spielt eine russische Kompanie, und vor allem deren Oberst, eine vordergründige Rolle im Buch. Als Leser verliert man nie den Überblick, ist stets im Geschehen mit dabei. Das Buch liest sich sehr rasch und ohne Leselänge.

"Schattenspieler" ist ein Kriminalroman, die Handlung wechselt zwischen spannenden und sehr persönlichen Szenen der Charaktere ab. Trotz der schlimmen Umstände muss man als Leser manchmal schmunzeln, weil einem die Personen schnell ans Herz wachsen. Aber es gibt in der Geschichte auch viel Schrecken, etwas anderes aufzuzeigen, wäre unehrlich. Erschießungen, Vergewaltigungen, Deportation und knappe Essensrationen sind nunmal Tatsachen, die mit dem Zweiten Weltkrieg Hand in Hand gingen. Michael Römling zeigt in seinem Roman auch, dass zu Zeiten des Dritten Reichs nicht alles Schwarz und Weiß war. Ein Beispiel wäre, dass natürlich sich viele deutsche Frauen vor den Russen in Sicherheit bringen mussten, als diese Berlin übernommen haben. Aber genauso gab es auch unter den Besatzern hilfsbereite und freundliche Personen. Schlimme Szenen werden vom Autor nicht beschönigt, sind aber so gehalten, dass auch jugendliche Leser sich mit ihnen auseinandersetzen können.

Man darf hier noch erwähnen, dass "Schattenspieler" zu einem guten Ende gebracht wird, teils sehr ernsthaft und teils mit einem amüsierten Zwinkern im Auge. Der angesprochene Schatz wird den meisten Lesern ein Begriff sein. Nach dem Roman folgt ein ausführliches Nachwort des Autors, sowie ein Glossar in dem kriegsrelevante Begriffe und Personen (z.B. Gestapo, Goebbels, Hitlerjugend, Flak) kurz erklärt werden. Perfekt!





Persönliches Fazit
Ich selbst gehöre zu den Lesern, die sich mit Büchern, die zur Zeit des Dritten Reichs spielen, eher schwer tun. Meist wirken diese Geschichten auf mich sehr belastend. So war "Schattenspieler" ein Lesewagnis, bei dem ich von so manchem Schatten auf meinem Gemüt ausgehen musste. Doch es kam anders. "Schattenspieler" hat mir richtig gut getan! Ich kann keinen Kritikpunkt finden. Es ist ein herrlich geschriebener Roman, der mit brillant recherchierten Fakten verrührt wird. Eine absolute Leseempfehlung für Jung und Alt, egal ob man mit der Thematik etwas anfangen kann oder ihr eher kritisch gegenüber steht. 5 Sterne!
Handlung: 4,5 / 5
Charaktere: 4,5 / 5
Lesespaß: 5 / 5
Preis/Leistung: 5 / 5

© Damaris Metzger, damarisliest.de