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Donnerstag, 12. September 2013

Asaviels Gastrezension zu "Die amerikanische Nacht" von Marisha Pessl



Autor: Marisha Pessl
Titel: Die amerikanische Nacht
Originaltitel: Night Film
Genre: Belletristik
Seiten: 800
Verlag: S. Fischer
Veröffentlichung: 12. September 2013
ISBN: 978-3100608048

Preis: 22,99 € [D]

© Cover- und Zitatrechte: S. Fischer Verlag


Klappentext:
Ashley ist tot – gerade mal vierundzwanzig - eine Leiche in einer verlassenen Lagerhalle Manhattans. Ein Unfall? Oder Selbstmord? Und was hat Cordova – der übermächtige Vater und besessene Filmemacher mit ihrem Tod zu tun? Der Schlüssel zum Geheimnis liegt in seinen magischen Filmen, die nach und nach zu einer Wirklichkeit werden, aus der es kein Entkommen gibt. Ein Meisterwerk – souverän, tödlich, perfekt. (Quelle)

Asaviels Meinung:

 "Wenn du das Lamm geschlachtet hast, bist du zu allem fähig und die Welt gehört dir, verkündete die Seite.
Souverän. Tödlich. Perfekt." (Seite 243)

Schon im Prolog wird eine eindrucksvolle Szenerie aufgebaut, der der Leser sich nicht entziehen kann. Sofort ist man dicht an der Seite des Protagonisten und wird in eine Geschichte hineingezogen, die unter die Haut geht.

Besonders auffällig ist natürlich die Aufmachung dieses Buches. Es ist nicht nur ein Roman, der in einem fließenden Text von 800 Seiten erzählt wird. Er wird unterbrochen durch Bilderstrecken, durch Zeitungsartikel, durch quasi handschriftliche Notizen des Protagonisten. Dadurch wird eine Authentizität hergestellt, die kaum mit dem klassischen Text zu erreichen ist und allein dies macht das Buch auf den ersten Blick außergewöhnlich. Diese Besonderheit zeigt dann dem Leser oft genau die Informationen, die die Personen innerhalb der Geschichte auch in dem Moment erhalten. Somit hat der Leser eigentlich nie einen Wissensvorsprung vor den handelnden Charakteren, was die Spannung natürlich erhöht, denn man kann kaum vorhersehen, was passieren wird und man muss über Vergangenes, das nicht beschrieben wurde, ebenso spekulieren wie der Protagonist und die anderen Personen.

Im Mittelpunkt steht der Ich-Erzähler Scott McGrath. Er ist ein Journalist, den die letzte Informationssuche nach Cordova scheitern ließ, sodass er nun vor dem Scherbenhaufen seines Lebens steht: Er ist ein Journalist ohne Aufträge, wurde von seiner Frau verlassen und sie droht die Besuchszeiten der Tochter komplett zu unterbinden.

"Ich sah nicht aus, als wäre ich auf einer Cocktail-Party, sondern als würde ich auf einem Flughafen darauf warten, das mein Leben startet." (Seite 37)

Nora und Hopper, die ebenfalls wichtige Schlüsselpositionen in der Geschichte einnehmen werden und Scott treffen scheinbar eher zufällig aufeinander und werden dann versuchen die Umstände um Ashleys Tod gemeinsam aufzudecken. Aber auch sie sind stärker in die Sache verstrickt, als es zunächst den Anschein hat.
Es gibt viele Nebencharaktere, die oft nur kurz auftreten, aber irgendwie auch mit Ashley zu tun haben oder hatten. Hier fällt es nicht ganz leicht den Überblick zu behalten. Man sollte sich also auf jeden Fall Zeit für diese Geschichte nehmen und im Zweifelsfall auch einmal zurückblättern, um die Zusammenhänge zu durchschauen. Denn das ist nicht immer ganz einfach. Nach dem sehr spannenden Prolog, gelingt es der Autorin einen langamen Sog zu starten. Man scheint von der Geschichte umkreist und darin eingewickelt, förmlich verstrickt zu werden, ohne dass man es eigentlich bemerkt. Diese Stricke ziehen sich so langsam zu, dass man die Spannung lange nicht greifen kann aber dann bemerkt man, dass man dieses Buch nicht mehr aus der Hand legen kann und schon nach Kurzem will man, ja muss man unbedingt erfahren, was hinter alledem steckt.
Oft sind die Kapitel sehr kurz, was den beschriebenen Effekt noch verstärkt und aus einer verzwickten Geschichte einen Page-Turner macht, weil ja ein kurzes Kapitel immer noch geht, auch wenn es schon tief in der Nacht ist.

Gerade die drei Hauptpersonen sind in sich wunderbar charakterisiert und folgen keinem Klischee. Sie sind Personen, die man sich so ohne Weiteres im wahren Leben vorstellen kann. Gerade die humorvolle, leicht zynische Art vom Ich-Erzähler Scott und von Nora lockern die Geschichte immer wieder auf, sodass man es nicht mit einer zu ernsten Szenerie zu tun hat, auch wenn das Geschehen natürlich tragisch ist.

"So waren die Frauen - in ständiger Verwandlung. Erst waren sie hilflos und brauchen Unterschlupf und Muffins, und im nächsten Moment machten sie dich gnadenlos gefügig, als wärst du bloß ein biegames Stück Blech." (Seite 132)

Am Ende werden tatsächlich all die Fäden, in die sich die Charkatere und der Leser verstrickt haben, in denen man vermutlich mehr als einmal den Überblick verloren hat und nicht mehr wusste, wohin das Ganze noch führen sollte, so verknüpft, dass alles einen Sinn macht. Damit schafft die Autorin etwas, was man ihr im Verlauf eventuell gar nicht mehr zugetraut hat. Es ist ein Schluss, wie er besser nicht sein könnte und man schließt das Buch beinahe erfurchtsvoll vor diesem Leistung.

Fazit:
Marisha Pessl hat ein Werk geschrieben, dass dem Leser einiges abverlangt und mit seinem langsamen Sog erst einmal unbemerkt gefangen nimmt. Einmal angefangen kann man sich der Geschichte nicht mehr entziehen und man muss erfahren, was hinter alledem steckt. Dabei muss man Bedenken, dass es nicht immer einfach ist, jeder Verwicklung zu folgen. Man sollte sich also Zeit nehmen, um den Tod der Tochter Cordovas gemeinsam mit Scott, Nora und Hopper aufzudecken.

"Er stellt irgendwas mit den Kindern an." (Seite 51)

Gesamtnote: 1-2
Charaktere: 1
Handlung: 1-2
Lesespaß: 1-2


Über die Autorin:
Mit "Die alltägliche Physik des Unglücks" wurde Marisha Pessl 2006 weltweit als literarisches Wunder gefeiert. Nach sieben Jahren kommt sie mit einem donnernden Paukenschlag zurück. Marisha Pessl wurde 1977 in North Carolina geboren und studierte Englische Literatur an der Columbia University. Sie lebt in New York. (Quelle)

© Asaviel, asaviels.blogspot.de