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Dienstag, 26. April 2016

Review zu "Schöne Mädchen brennen nicht" von Lynn Weingarten



FISCHER Sauerländer (März 2016),
Klappenbroschur, 384 Seiten,
übersetzt von Leo H. Strohm,
12,99 € [D]


Als June die Nachricht auf ihrer Mailbox endlich abhört, ist es längst zu spät: Ihre beste Freundin ist tot - verbrannt im Schuppen ihres Stiefvaters. Selbstmord, heißt es. Doch June weiß, dass das nicht wahr ist. Niemand kannte Delia besser als sie. Manchmal war es sogar, als könnte Delia ihre Gedanken lesen - und das konnte sich großartig anfühlen. Oder beängstigend – je nachdem, in welcher Stimmung Delia gerade war. June macht sich auf die Suche nach dem Mörder ihrer besten Freundin und findet immer neue Abschiedsbriefe von ihr ...

Wenn jemand dich so gut kennt, dass er jede deiner Reaktionen vorhersehen kann - dann ist das Liebe. Oder der Anfang von etwas Grauenvollem. (Text-, Cover- und Zitatrechte: FISCHER Sauerländer)


In meinem Herzen klafft ein gewaltiges Loch. Mein Zimmer, das Haus, die ganze Welt könnte ich hineinstecken, und es wäre immer noch nicht genug, um es zu füllen.
Ich habe Delia verlassen, und jetzt ist sie tot.
- S. 83


Meine Meinung
Jugendthriller haben auf mich eine sehr hohe Anziehungskraft. Es ist einfach spannend, in die Geschichten jugendlicher Protagonisten einzutauchen. Und das ganz abseits von Serienmord und Ermittlerduo, jedoch mit nicht weniger vereinnahmenden Abgründen des menschlichen Handels - sei es nun körperlicher oder psychologischer Natur. Lynn Weingarten ist für mich keine unbekannte Autorin. Ich habe ein früheres Werk von ihr gelesen und geliebt. Welche finsteren Wege mich bei "Schöne Mädchen brennen nicht" erwarteten, hätte ich allerdings nicht gedacht.

June hatte sein einem Jahr keinen Kontakt mehr zu ihrer (ehemals) besten Freundin Delia. Früher ein Herz und eine Seele, hatte sich die Freundschaft zwischen den beiden Mädchen auseinanderentwickelt, eine Richtung seitens Delia eingeschlagen, die Juni nicht behagte. Und jetzt ist Delia tot, sie hat sich umgebracht. June macht sich bittere Vorwürfe, dass sie ihrer Freundin ein Jahr lang aus dem Weg ging. An den angeblichen Selbstmord glaubt sie nicht. Sie begibt sich auf Spurensuche.

"Schöne Mädchen brennen nicht" spielt in der Gegenwart. June, die Ich-Erzählerin, erlebt die Geschichte im Hier und Jetzt. Darum bekommt der Leser auch hautnah mit, wie June den Tod ihrer besten Freundin wahrnimmt, wie schwer es ihr fällt zu akzeptieren, dass die lebensfrohe und dominante Delia, die jeden um den kleinen Finger wickelt konnte, ihrem Leben ein Ende gesetzt haben soll. Manche Zwischenkapitel erzählen die Ereignisse vor einigen Monaten oder Jahren. So bekommt man schnell ein Gefühl für die Freundschaft dieser unterschiedlichen Mädchen, kann nachvollziehen, dass sie gegen Ende eher giftig statt unterstützend wurde. Das große Ganze bleibt aber noch eine Weile verborgen. Man läuft mit offenen Augen in die Fallen, die die Autorin auslegt und weiß lange Zeit nicht, wie man die Dinge einzuordnen hat.

Die Spannung in "Schöne Mädchen brennen nicht" entsteht weniger durch Action als durch psychische Abhängigkeit und Machtausübung. Das begreift man erst nach und nach, aber man realisiert sofort die Beklemmung, die einen beim Lesen befällt. Dieses Gefühl gipfelt in einer Wendung, bei der mir der Mund offen stand. Danach geht das Buch in eine Richtung, die sehr aufwühlt und bei der der Zwang weiterzulesen übermächtig wird.
Das Ende ist ... schwierig. Es ist zwar abgeschlossen, aber hinsichtlich der Auflösung mehrdeutig und auch ein bisschen Auslegungssache. Hier hätte die Autorin einige Brotkrumen mehr streuen dürfen. Ich selbst bin mir sicher, wie das Ende aussah, habe sogar zwei Möglichkeiten für den Schluss. Das macht ihn aber nicht weniger abgründig und drastisch. Man hat nach dem Lesen einiges zu verarbeiten.

Fazit
"Schöne Mädchen brennen nicht" ist wahrhaftig ein packender Jugendthriller. Die Handlung ist sehr aufwühlend, ohne actiongeladen zu sein. Dennoch ist die düstere Spannung auf psychologischer Ebene enorm, und eine völlig überraschende Wendung bestürzt. Es ist schockierend, wozu junge Menschen hier fähig sind. Das Ende wird polarisieren. Mitdenken muss man auf alle Fälle. Ich war etwas verstört und vergebe nervenzerreißende 4 von 5 Punkte.

© Damaris Metzger, damarisliest.de