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Samstag, 13. Januar 2018

"Café Morelli" von Giancarlo Gemin



Das Thema
Als der vierzehnjährige Joe erfährt, dass das Café seines geliebten Großvaters geschlossen werden soll, ist er entsetzt! Und schwört sich, alles zu tun, damit das nicht passiert. Das ist allerdings leichter gesagt als getan, denn die glorreichen Zeiten des Café Morelli scheinen vorüber. Doch zum Glück hat Joe nicht nur den italienischen Dickkopf seines nonno geerbt, sondern in seiner Cousine Mimi auch eine raffinierte Köchin, die mit ihren großartigen Gerichten die gesamte Straße in Verzückung versetzt. Ihr Geheimrezept: Es muss alles mit Liebe zubereietet sein. So weht durch das kleine walisische Viertel bald schon ein Hauch Dolce Vita.

© Klappentext-, Cover- und Zitatrechte: Königskinder Verlag


Nonno lächelte und nickte, genau in dem Moment, als die Tür zum Café geöffnet wurde und Joes Mam hereinkam. Sie knipste die Lichter aus und für einen Augenblick sah Joe das Café im Dunklen daliegen, bevor sie die Tür hinter sich schloss.
"Wieder in unglaublich hektischer Tag, der zu Ende geht", sagte sie mit einem Seufzer. Dann begrüßte sie Joes Dad mit einem Kuss.
Joe fing an den Tisch zu decken. "Du willst das Café also wirklich verkaufen, Mam?"
"Ja, Joe", sagte sie. "Das Café ist nicht mehr das, was es einmal war - schon seit Jahren nicht mehr. Es hat sich so viel verändert, seit ich jung war."
- S. 21


Das Leseerlebnis
Bücher des Königskinder Verlags empfinde ich als besonders. Immer, schon auf den ersten Blick. Und so klang auch "Café Morelli" nach einem schönen Leseerlebnis mit Charme und etwas Humor. Das war auch so, allerdings nicht nur. Wie viel mehr im Buch steckt, konnte ich vor dem Lesen noch nicht ahnen. Es war das letzte Buch, dass ich 2017 gelesen habe und gleichzeitig auch ein Highlight.

Das Alter des Hauptprotagonisten Joe konnte ich anfangs schlecht einschätzen. Er "klingt" sehr jung, was vor allem am Stil des Buches liegt. Dieser ist einfach und wie aus dem Bauch geschrieben, fast kindlich manchmal. Erst etwas später erfährt man, dass Joe vierzehn Jahre alt ist. Im Grunde spielt das aber auch gar keine Rolle, denn schnell ist klar, Joe hat das Herz am rechten Fleck und Leidenschaft für eine Sache im Blut. Als das Café seines Großvaters geschlossen werden soll, will er es weiterführen und tut dafür, was er kann. Hilfe bekommt er von Mimi, einer entfernten italienischen Verwandten, die zudem noch wunderhübsch ist und den Dorfbewohnern nicht nur mit ihrer Hilfsbereitschaft den Kopf verdreht. Oh je, dachte ich kurz, das wird doch nicht in eine kitschige Richtung abdriften? Nein, Mimis glanzvoller Auftritt ist ein sehr humorvolle Einlage, jedoch nicht relevant für die Story. Mimi selbst sieht das verwahrloste Café kritisch, tritt damit in direkte Konkurrenz zu Joes Mutter, die Mimis Hilfsbereitschaft distanziert bewertet. Hier spürt man die schwierige Situation, in der die Familie steckt.

"Café Morelli" ist wirklich humorvoll und auf seine Art herzlich-liebevoll. Dazu versprüht es einen italienischen Charme mitten in Wales. Das macht das Buch zu etwas einzigartig Besonderem. Nicht zuletzt wegen der köstlichen Rezeptanregungen (Pasta!), die man zwischen den Zeilen, und auch ganz anschaulich, im Buch findet.

Nebenbei, und unbedingt erwähnenswert, ist, dass Joes Nonno/Großvater seinem Enkel die Geschichte des Café Morelli und gleichzeitig einen Teil seiner eigenen Lebensgeschichte erzählt. Das geschieht anhand von Kassetten, die er im Krankenhaus für die Familie aufnimmt. Hier fließen historische Tatsachen in die Geschichte ein, und ich muss sagen, dass mich dieser Part am allermeisten berührt hat. Gerade auch darum, wie Joe und seine Familie damit umgehen. Und so kam es, dass ich gegen Ende ständige Tränen weggeblinzelt habe. Vor allem eine großartige Aktion am Schluss des Buches ist bemerkenswert - und sehr rührend!

Das Fazit
Erwartet hatte ich von "Café Morelli" eine lebenslustige und charmante Geschichte. Das traf auch voll zu, doch das Buch ist noch so viel mehr. Hier geht es nicht nur um den Einsatz eines jungen Walisers für das italienische Familien-Café, sondern ebenso um ein Stück Einwanderergeschichte. Beides hat mein Herz sehr berührt und mich stark vereinnahmt. Mit seiner Warmherzigkeit und humorvollen Herzlichkeit wurde das Buch für mich zu einem Highlight 2017. Unbedingt lesen! 5 von 5 Sterne vergebe ich dafür.


© Damaris Metzger, www.damarisliest.de


Königskinder Verlag (September 2017) - Hardcover mit Schutzumschlag, 272 Seiten - 16,99 € [D]
Originaltitel: Sweet Pizza - Übersetzt von Gabriele Haefs - ab 13 Jahren