Magellan (Juli 2014),
Hardcover, 336 Seiten,
16,95 € [D]
Hardcover, 336 Seiten,
16,95 € [D]
Das Leben ist gut zu Sutter Keely. Eine Party, Publikum und ein Bier (oder zwei) - mehr braucht er nicht, um gut drauf zu sein. Klar, in der Schule lief es schon mal besser und mit der Uni wird es wohl nichts werden. Aber sein Job ist okay und nach einem Whisky (oder zwei) sieht die Welt sowieso ganz anders aus. Bis zu dem Morgen, an dem er in einem fremden Vorgarten aufwacht und Aimee trifft. Dass er ein Mädchen wie sie - lieber ein Buch lesen als Party machen, lieber große Zukunftspläne schmieden als in den Tag hinein leben - anziehend findet, überrascht ihn selbst am meisten. Bevor Sutter bis drei zählen kann, ist er verliebt. Zum ersten Mal hat er die Chance, das Leben von jemand anders besser zu machen - oder es für immer zu ruinieren. (Text-, Cover- und Zitatrechte: Magellan Verlag)
"Ich sag's dir - du könntest Aimee die Brille wegnehmen, ihr eine anständige Frisur verpassen und sie in einen roten Minirock stecken, der gerade mal den Hintern bedeckt, und trotzdem würde sie noch mit hängenden Schultern und einem Ausdruck im Gesicht rumlaufen, als könnte ihr die Welt jederzeit eine reinhauen."
"Und was willst du dann, ihre Seele retten?"
"Vielleicht. Man weiß ja nie." - Sutter, S. 97/98
Meine Meinung
Jugendbücher haben oftmals keine leichten Stand. Trotzdessen, dass sie heute nicht mehr nur für die Zielgruppe geschrieben werden, sondern meist echte All Age-Romane sind, werden sie von vielen Lesern der Erwachsenenliteratur verschmäht. Jugendbücher sollen unterhalten, spannend sein, belehren (aber bitte nur unterschwellig, ohne den erhobenen Zeigefinger!) oder eine spezielle Message vermitteln. "Perfekt ist jetzt" ist ganz sicher ein außergewöhnliches Exemplar der Jugendbuchgattung ... und ich empfinde es jetzt, nach dem Lesen, als hart. Das Buch macht es mir schwer. Denn es ist eines der wenigen Jugendbücher, bei denen ich mir (verdammt nochmal!) nicht sicher bin, was mir die Story mitteilen oder sagen soll.
Sutter Keely, der männliche Ich-Erzähler in "Perfekt ist jetzt", ist wohl einer der unsympathischsten Charaktere in der Jugendbuchwelt. Schwierig, das ist durchaus okay. Eigensinnig, auch okay. Das macht realistische Buchcharaktere, aus und ein Fitzelchen Empathie kann ich normalerweise jedem von ihnen entgegenbringen. Sutter ist cool, humorvoll, spendabel und freundlich. Ist das nicht ein Widerspruch zu unsympathisch? Nein, denn Sutter ist nicht nur wahnsinnig von sich überzeugt und sieht sich als großen Gönner und Held unter allen Gleichaltrigen, er hat außerdem ein großes Alkoholproblem. Ich behaupte sogar, er ist in seinen jungen Jahren schon ein Alkoholiker. Einsicht hat er nicht, er verherrlicht sein Problem sogar, immer und jederzeit. Das klingt aus seinem Mund einfach nur dumm. Ich hatte bis zuletzt den Eindruck, dass er gar nicht gerettet werden will.
"Es ist zu spät, Sutter." Sie reißt die Autotür auf. "Du bist ein hoffnungsloser Fall."
"Nein, bin ich nicht", sage ich. "Ehrlich nicht."
Aber sie steigt einfach zurück ins Auto, knallt die Tür zu und fährt das Fenster hoch.
"Was hat die denn für ein Problem?", fragt Tara hinter mir.
"Hohe Erwartungen", antworte ich. "Unangebracht hohe Erwartungen." - S. 47
So ist auch Sutters Wischiwaschi-Beziehung, die er bald zu Aimee eingeht, nicht auf Verliebtheit gegründet, sondern auf einer Ich-bezogenen Großherzigkeit von ihm. Nur Sutter allein, so meint er, könne Aimees Leben besser machen und ihr helfen. Besteht Hilfe wirklich darin, das liebe und schüchterne Mädchen zur Alkoholikerin zu machen und ihr durch Alkohol Selbstvertrauen "einzuflösen"? Hier dachte ich manchmal, ich sehe, pardon, lese nicht richtig. Alle seine Freunde erkennen mit der Zeit das Problem, sprechen ihn mehrfach darauf an. Sutter selbst ist einsichtsresistent.
Es mag Momente geben, in denen Sutter zu Aimee echte Zuneigung verspürt. Doch auch nur, solange er dabei selbst im Mittelpunkt steht. Verliebt, hier widerspreche ich dem Klappentext, ist er meiner Meinungen nach nie.
Der große Knall, der Sutters Leben am Ende richtig aus den Fugen springen lässt, kommt. Ob er daraus lernt, oder etwas ändert, wage ich zu bezweifeln. Das Ende ist sehr offen gehalten, ich persönlich habe mir hier das Schlimmste ausgemalt. Obwohl ich mit keinem der Hauptprotagonisten etwas gemeinsam habe, fühle ich mich seltsam angegriffen und bedrückt. Die Geschichte geht mir einfach nicht aus dem Kopf.
Fazit
"Perfekt ist jetzt" ist ein perfekt geschriebener Jugendroman über einen Jugendlichen auf der Suche nach dem perfekten Jetzt. Das ist für mich die Grundaussage des Buches, eine andere zu finden fällt mir nicht leicht. "Lebe im Jetzt", "Genieße den Moment" oder "Denke nicht an Morgen" - alle würden passen, vergrößern für mich jedoch die weitreichende Tragik des Romans. Ist dieses Buch gut? Soll es warnen oder soll man die Geschichte einfach so stehenlassen? Hier bin ich das erste Mal etwas ratlos. Polarisieren wird es auf jeden Fall!
© Damaris Metzger, damarisliest.de
Die Buchverfilmung von "Perfekt ist jetzt" ist unter dem Originaltitel "The Spectacular Now" erschienen