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Sonntag, 22. März 2015

Review zu "Egal wohin" von Franziska Moll



Loewe (März 2015),
Hardcover/SU, 224 Seiten,
12,95 € [D]


Jo zählt die Tage, bis sie nach Kreta auswandern kann - endlich 18 Jahre alt, endlich unabhängig, endlich frei. In Kreta möchte sie ein neues Leben anfangen, mit Koch, ihrem Kumpel aus dem Restaurant, in dem sie kellnert. Doch als dieser verschwindet, sieht Jo, dass Koch nicht der einzige Mensch ist, dem Jo am Herzen liegt. Der unscheinbare, geradezu unsichtbare Amar ist es, der sich nun um Jo kümmert, bei ihr bleibt, egal, wie sehr sie ihn von sich stößt. Der ihr die Schönheit des Lebens zeigt, wie nur er sie sehen kann. (Text-, Cover und Zitatrechte: Loewe Verlag)


"Und was ist es, was das Leben jetzt für Sie lebenswert macht?"
Die drei K.
Koch.
Kreta.
Keine nervigen Therapeuten mehr in baldigster Bälde.
- S. 11/12


Meine Meinung
Franziska Moll ist das Pseudonym der Jugendbuchautorin Sabine Both. Ihr 2014 erschienenes Buch "Was ich dich träumen lasse", hat bei mir eingeschlagen wie eine Bombe. Ich behaupte jetzt noch, dass ich selten etwas Vergleichbares gelesen habe. Auch "Egal wohin" spiegelt exakt den Stil und die Handschrift der Autorin, setzt sich aber mit einem völlig anderen Thema auseinander.

Johanna, "Jo", nimmt den Leser ein Stück auf ihrem Weg mit. Es hat fast den Anschein, dass sie das nur widerwillig tut, dass es ihr eine Last ist, wie alles, womit sie sich gerade befassen muss. Die Sitzungen beim Therapeuten, die (nicht öffentliche) Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit und das Kellnern im Gasthaus Paradies - das alles erträgt sie nur wegen Koch, ihrem Kumpel. Mit ihm will sie in wenigen Tagen nach Kreta verschwinden, dort ein kleines Restaurant eröffnen und ein neues Leben beginnen. Weit weg von ihrem Zuhause, ihren Eltern, dem Stadtmief und den Problemen. Das ist der einzige Punkt in ihrem Leben, an dem sie festhält. Komme was wolle.

Koch sagt, lass die Vergangenheit zu Hause, wenn du neu anfängst. - S. 140

Sperrig sind sie, die Charaktere in "Egal wohin". Allen voran Jo, die redet, wie ihr der Mund gewachsen ist und zu ihren Eltern und Mitmenschen spröde und unfreundlich ist. Ihr Charakter hat etwas Verzweifeltes, aber auch etwas sehr Bestimmtes. Verletzlichkeit erkennt man erst mit der Zeit (und nur zwischen den Zeilen). Freundschaften lehnt sie ab. Einzig Kumpel Koch sieht sie, wie sie wirklich ist und nimmt sie genau so an. Das macht ihn zu einer Art Galionsfigur in Jos Leben, vielleicht auch zu einem Vaterbild. Sein Wort ist Jos Gesetz. Für ihr neues Leben lernt sie Griechisch. Sonst zählt nichts.

Koch sagt, das Beste am Leben ist, dass es nicht ewig dauert. - S. 193

Der Roman ist sehr ausdrucksstark. Kurze Sätze, die niedergeschrieben sind, wie sie gesagt werden, haben etwas von einem Drehbuch und sind wie gemacht für die kratzbürstige Natürlichkeit des Buches. Die Geschichte bleibt im Kopf. Gerade darum gefällt mir das Buch, und seine Atmosphäre hält gefangen. Ich konnte mich in die Personen und ihr Vorhaben komplett hineinversetzten, auch wenn fast keiner der Charaktere nach der Norm handelt und sie es dem Leser nicht leicht machen. Stereotypen findet man hier nicht.
Es ist anfangs unvorstellbar, dass die Geschichte berührt. Jo will kein Mitleid, das lässt sie einen durch die Seiten spüren. Erst mit der Entwicklung von Jo und einer unerwarteten Richtung, die die Geschichte einschlägt, trifft sie am Ende mitten ins Herz.

Fazit
"Egal wohin" ist kein Buch von der Stange. Ich kann mir vorstellen, dass die Geschichte bei vielen Lesern Zeit braucht, um zu wirken. Jos spröde und kratzbürstige Eigenheit muss man annehmen können, und einige Passagen werden erst im Laufe der Geschichte logisch. Die drehbuchhafte, atmosphärische Anmutung des Romans, die natürlichen Charaktere und der Storyverlauf sind genau meins. Diese Art von Büchern machen für mich das Lesen aus. Unbedingt anschauen!

© Damaris Metzger, damarisliest.de



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