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Freitag, 31. August 2012

Rezension zu "Grischa: Goldene Flammen" von Leigh Bardugo



Verlag: Carlsen (Juli 2012)
Originaltitel: Shadow and Bone
Übersetzer: Henning Ahrens
Reihe: Band 1, ab ca. 14 J.
Ausführung: Hardcover/SU, 352 S.
ISBN: 978-3551582850
17,90 € [D]

Genre: Fantasy


Inhalt/Verlagsinfo
Alina ist einfache Kartografin in der Ersten Armee des Zaren. Dass sie heimlich in Maljen verliebt ist, ihren besten Freund seit Kindertagen, darf niemand wissen. Schon gar nicht Maljen selbst, der erfolgreiche Fährtenleser und Frauenschwarm.
Bei einem Überfall rettet Alina Maljen auf unbegreifliche Weise das Leben. Doch was sie da genau getan hat, kann sie selbst nicht sagen. Plötzlich steht sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und wird zum mächtigsten Grischa in die Lehre geschickt. Geheimnisvoll und undurchschaubar, wird er von allen der Dunkle genannt. Aber wieso fühlt sie sich von ihm so unwiderstehlich angezogen?
Und warum warnt Maljen sie so nachdrücklich vor dem Einfluss des Dunklen? (Text- und Bildquelle: Carlsen Verlag)

Über die Autorin
Leigh Bardugo wurde 1975 in Jerusalem geboren und wuchs in Los Angeles auf. Sie studierte an der Yale University. Wenn sie nicht schreibt, arbeitet sie als Make-up-Artist. Grischa - Goldene Flammen ist ihr erster Roman, zwei weitere Bände der Saga um die Sonnenkriegerin Alina sind in Vorbereitung.

Rezension

Der erste Satz - Kapitel 1: Ich stand am Rand einer überfüllten Straße und betrachtete die hügeligen Felder und verlassenen Bauernhöfe des Tula-Tals.

Das Land Rawka ist durch eine schwarze Ebene, die Schattenflur, geteilt. Um von Ost nach West zu kommen, müssen alle Reisenden diese Ödsee überqueren. Viele werden dabei von den geflügelten Schattenwesen gefressen, die in der immerwährenden Dunkelheit leben.
Alina ist eine Kartografin in der Armee des Zaren, sie zeichnet Landkarten. Zusammen mit ihrer Einheit ist sie auf dem Weg nach Westen, muss also auch die Schattenflur überqueren. Es kommt zur Tragödie. Doch mitten im Angriff der Schattenwesen zeigt sich einen besondere Gabe von Alina, die ihr das Leben rettet. Plötzlich wird das einfache Mädchen zu einer besonderen Grischa ernannt, einer Meisterin der kleinen Künste. Dazu muss sie auf dem Anwesen der Grischa leben und steht nun unter dem persönlichen Schutz von deren Oberhaupt, dem Dunklen.

Vor uns verschwand ein Sandskiff nach dem anderen in der Finsternis. Zuerst wurde mir bewusst, dass unser Bug im Dunkeln lag, dann merkte ich, dass ich nicht einmal mehr meine auf der Reling liegende Hand erkennen konnte. Als ich einen Blick über die Schulter warf, war die Welt der Lebenden außer Sicht. Dunkelheit umgab uns, schwarz, allgegenwärtig, ohne Gewicht. Wir befanden uns auf der Schattenflur. - S. 38

Wenn man zum ersten Mal von "Grischa: Goldene Flammen" hört, erwartet man vielleicht, dass Grischa ein Name ist, wahrscheinlich der der Hauptprotagonistin. Falsch. Die Grischa sind eine Art Zauberorden, die die Menschen des Landes unterstützen. Sie bestehen aus drei verschiedenen Zünften, die alle eine andere Kunst beherrschen. Das Oberhaupt der Grischa ist der Dunkle. Er gilt neben dem Zaren als zweiter Herrscher des Landes.
Für ihre Geschichte orientierte sich Leigh Bardugo am alten Russland mit der Herrscherstruktur der Zaren. Auch die Namen von Städten und Personen sind aus dem Russischen abgeleitet. Und doch hat die Autorin mit dem Land Rakwa eine ganz eigene Welt erschaffen. Bei der Orientierung helfen einem eine wunderschön gezeichnete Karte, sowie eine kurze Übersicht über die drei Grischa-Orden. Zum Verständnis der Geschichte bräuchte man Karte und Beschreibung sicher nicht, es ist aber einfach schön zu sehen, wo sich die handelnden Personen gerade befinden.

Die Geschichte startet mit einer sehr düsteren Stimmung, als ein Teil der Armee des Zaren die Schattenflur überqueren will. Die Beschreibung dieser Aktion ist sehr ausgewogen zwischen Umgebungsbeschreibung, die für richtiges Gruselfeeling sorgt, und dem Kennenlernen der handelnden Personen, auch der Grischa. So findet man gut in die Geschichte hinein. Gerade die Grischa umgibt eine Erhabenheit, aber auch Dunkelheit, die zum Teil etwas schaurig wirkt. So hat der Orden neben Heilern und Inferni (die können Flammen erschaffen) zum Beispiel auch so genannte Entherzer, die die Macht haben, das Herz eines Menschen zum platzen zu bringen. Gänsehaut! Verständlich, dass auch Alina einige Anlaufschwierigkeiten hat, bis sie sich in der Welt der Grischa zurechtfindet.

Ich-Erzählerin Alina erzählt die komplette Geschichte aus ihrer Sicht. Sprache und Übersetzung sind tadellos und geben die Stimmung im Buch bestens wider. Teilweise wirkt die Sprache sehr persönlich, was es einem leicht macht, sich in Alina und ihre Situation hineinzuversetzen. Das Setting ist so gut, dass man das Gefühl hat, selbst durch Rakwa zu reisen oder an der Seite des Dunklen und den Grischa im Kleinen Palast zu leben. Sehr stimmungsvoll.

Auch "Goldenen Flammen" wird von einer Liebesgeschichte begleitet, auf die zwar einige Entscheidungen aufbauen, die aber nie in den Vordergrund rückt. In diesem Fall hätte die Lovestory sogar noch etwas intensiviert werden können. Trotzdem sorgen einige Szenen für Knisterfeeling. Der Ausgang derselben könnte überraschen, man erwartet etwas anderes. Und mancher Leser hätte persönlich garantiert einen anderen Ausgang erhofft. Auch könnte man sich fragen, ob eine plötzliche und sehr spannende Wendung im Buch nicht zu einfach Schwarz-Weiß konstruiert ist. Ab hier ist die Handlung dann sehr geradlinig, man erwartet, dass sich das Blatt doch noch einmal wendet. Vergebens. Die Story ist aber so gut ausgearbeitet, dass diese Eindrücke subjektive Kinkerlitzchen sind. Auf die hohe Qualität dieser Geschichte habe sie keinen Einfluss.

Das Buch ist humorvoll und in seiner Art, trotz des Fantasy-Genres, ehrlich und glaubwürdig. Ab einem Wendepunkt ist die Handlung spannend bis zum Schluss. Sehr erfreulich ist die Tatsache, dass es sich hier zwar um den Start einer Trilogie handelt, das Buch aber als abgeschlossen betrachtet werden kann. So ist es auch für Leser interessant, die Einzelbände den Serien vorziehen.

Persönliches Fazit
Für mich ist "Grischa: Goldene Flammen" im Zeitalter der oberflächlichen Settings und nichtssagenden Romantasys ein kleines Kunstwerk. Trotz ausbaufähiger Lovestory hat diese "das gewisse Etwas", das ich sonst so oft vermisse. Die Autorin hat für ihre kreativ kreierte Welt dieses Abenteuer-/High-Fantasy Romans meinen vollsten Respekt. Die Geschichte ist top! Die optische Gestaltung des Buches auch. Und das Schmankerl, dass man diesen Trilogiestart auch als Einzelband lesen kann, gibt es noch obendrauf. Meine flammende Empfehlung ist dem Buch sicher. 5 Sterne!


Aufmachung: 5 / 5
Handlung: 4 / 5
Charaktere: 4 / 5
Lesespaß: 5 / 5
Preis/Leistung: 5 / 5

© Damaris Metzger, damarisliest.de