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Montag, 3. März 2014

Review zu "Die Nacht, als Gwen Stacy starb" von Sarah Bruni



script5 (März 2014),
Hardcover/SU, 320 Seiten,
17,95 € [D]


Nein, Sheila Gower fühlt sich nicht so richtig wohl in ihrer verschlafenen Heimatstadt irgendwo in Iowa. Sie ist siebzehn, vertraut sich am liebsten einem ausgestopften Kojoten im Museum für Naturkunde an und hört französische Sprachkassetten, um eines Tages aus der verschlafenen Kleinstadt nach Paris zu entfliehen. Als ihr Peter Parker (ja, so wie Spidermans Alter Ego) anbietet, ihr ödes Leben unter dem Vorwand einer vorgetäuschten Entführung hinter sich zu lassen, greift Sheila zu. Die beiden begeben sich auf einen skurrilen und romantischen Roadtrip und erleben die tragische Geschichte von Spiderman und seiner ersten Liebe Gwen Stacy nach. Doch was als unschuldiges Spiel beginnt, wird zu einem Pfad voller unvorhergesehener Gefahren. (Cover-, Text- und Zitatrechte: script5 Verlag)


Es gibt Momente, in denen es zu Verschiebungen zwischen dem ganz normalen Alltag und den inneren, selbst geschaffenen Welten kommt. Und solche Momente bestätigen und verstärkten die schlimmsten Einbildungen. Das war Peter klar. - S. 86


Meine Meinung
So, jetzt mal ganz ehrlich. Da hat man den Buchtitel vor sich - "Die Nacht, als Gwen Stacy starb". Okay. Dann liest man den Klappentext. Auch okay, klingt schlüssig. Trotzdem weiß man bei diesem Buch überhaupt nicht, was auf einen zukommt und mit was man beim Lesen rechnen muss. Genau so ging es mir nämlich.
Für alle Nicht-Spider-Man-Fans noch mal ganz kurz zur Erklärung: Gwen Stacy war laut den Comics Spider-Mans (aka Peter Parker) erste Freundin. Sie wurde bei einer Entführung durch einen von seinen Feinden getötet und fiel von einer Brücke. Spider-Man konnte sie nicht retten.
Diese Inspiration greift Sarah Bruni nun in ihrem Buch auf. In der Geschichte wird das so umgesetzt, dass zwei völlig normale junge Menschen (okay, nicht völlig normal) die Namen aus den Comics annehmen und sich auf einen Roadtrip begeben. Zugegeben, das klingt etwas skurril - und das ist es auch. Eines kann ich versprechen, das Buch ist ungewöhnlich ... und melancholisch und crazy und irgendwie romantisch. Wahrscheinlich gefiel es mir gerade deshalb so gut.

Sheila lebt in einer kleinen Stadt in Iowa. Im Alltag fühlt sie sich oft alleine, als Außenseiterin. Anschluss findet sie nur spärlich, redet dafür viel lieber mit einem ausgestopften Kojoten im Museum. In ihrer Familie gilt die ältere Schwester als die Vernünftige der beiden Mädchen. Neben der Schule arbeitet Sheila an einer Tankstelle und dort lernt sie auch den Taxifahrer Peter Parker kennen. Bei seinem Namen zieht sie zwar die Assoziation zu Spider-Mans Alter Ego, aber so ungewöhnlich ist der Name ja nicht, darum denkt sie sich nichts dabei. Als Peter sie eines Tages mit dem Namen Gwen anspricht und ihr den Vorschlag macht, sie zu entführen, bzw. so zu tun als ob, willigt Sheila ein. Beide machen sich auf den Weg nach Chicago.

Wenn man so viel allein war, musste man sich so gut wie nie für etwas rechtfertigen - Raum für das Entstehen einer gewaltigen Grauzone. Im eigenen Kopf konnten parallel zwei Wahrheiten existieren, Widersprüche friedlich nebeneinanderstehen. - S. 76

Was bewegt also ein normales Mädchen, mit einem Fremden, der sie auch noch mit dem falschen Namen anspricht, mitzugehen? Warum nennt sich ein junger Mann Peter Parker, wenn er eigentlich gar nicht so heißt? Und warum meint er in Sheila Gwen Stacy zu sehen? Das sind wohl die Fragen, die sich jeder Leser während der Geschichte stellt. Und man wird darauf Antworten erhalten, aber nicht ab Beginn. Im Laufe der Geschichte setzt sich das Puzzle Stück für Stück zusammen.
Weil Peter und Sheila die Kapitel meist abwechselnd erzählen, dabei gemeinsam Erlebtes noch mal aus eigener Perspektive schildern, ergibt vieles am Ende Sinn. Peters Beweggründe werden sehr klar dargestellt, bei Sheila muss man die Vorstellungskraft deutlicher bemühen.

Es gibt aber auch Dinge im Buch, die werden nicht näher erklärt, scheinen sogar losgelöst von Logik im Raum zu stehen. Um das Buch zu mögen, muss man gewillt sein, Dinge als gegeben zu akzeptieren und teilweise Befremdliches einfach hinzunehmen. Außerdem sollte man sehr genau lesen um Zusammenhänge sofort zu verstehen. Selbst am Ende gibt es Raum für Spekulationen. Wie die Liebe von Spider-Man und Gwen Stacy hat der Schluss etwas Tragisches und Rührendes. Überzeugt hat er mich allemal.

Fazit
Das Buch vermittelte mir das Gefühl eines Quentin Tarantio-Films oder erinnerte an die Lovestory von Bonnie & Clyde. Ganz schön crazy, nicht immer komplett erklärbar. Sobald sich bei mir der Gedankenknoten löste, fand ich die Story irre gut gemacht. Ich hatte einige Aha-Momente und empfand die Liebesgeschichte gleichzeitig als rau und romantisch - niemals kitschig. Die Charaktere agieren jenseits aller Konventionen. "Die Nacht, als Gwen Stacy" starb ist weit von einer gewöhnlichen Geschichte entfernt und komplett jenseits des Mainstreams. Wer sich darauf einlassen kann wird mit dem Buch sehr glücklich sein (so wie ich!). 

© Damaris Metzger, damarisliest.de