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Sonntag, 10. August 2014

Rezension zu "Zertrennlich" von Saskia Sarginson



Verlag: script5 (Juli 2014)
Originaltitel: The Twins
Übersetzer: Jessika Komina und Sandra Knuffinke
Reihe: -
Ausführung: Hardcover/SU, 416 S.
ISBN: 978-3839001523
18,95 € [D]

Genre: Schicksalsroman

© Cover- und Zitatrecht: script5 Verlag


Das Thema
Isolte und Viola Love leben in London. Sie sind Zwillinge, tragen nicht nur den entsprechenden Nachnamen, sondern sind als Kinder ein Herz und eine Seele. Unzertrennlich. Doch dann ist etwas geschehen, in jenem Sommer, als die beiden zwölf Jahre alt waren. Etwas, das nur der war Anfang von einem großen Unglück. Ein tiefer Graben entstand in der Vertrautheit der Zwillinge, sie wurden zertrennlich.
Während Isolte in London eine erfolgreiche Modereporterin ist, hungert sich Viola zu Tode und liegt in einem Krankenhaus. Als Isolte die Gelegenheit bekommt, an den Ort ihrer Kindheit zu reisen, drängt besonders die kranke Viola darauf. Vielleicht ist das für beide die Chance, die Vergangenheit aufzuarbeiten.

Die Rezension

Der Anfang: Wir sind nicht immer Zwillinge gewesen. Früher waren wir ein einziger Mensch.

Zwillingen haftet eine besondere Verbindung an. Oft wie ein Band, durch das der jeweils andere Gefühle oder Befinden wahrnehmen kann. Auch Schwesternliebe geht meist sehr tief. Gerade diese beiden Personengruppen wird "Zertrennlich" stark ansprechen. Will man doch unbedingt wissen, was es war, das die Kindheit der Schwestern Isolte und Viola durcheinanderwirbelte und schlussendlich dafür sorgte, dass in dieser Einheit ein Bruch entstand. Lesern von Familienschicksalen kann dieser nachdrückliche Roman besonders ans Herz gelegt werden.

Aber es sind immer die Menschen, die wir lieben, denen wir am meisten wehtun.
- S. 305

"Zertrennlich" folgt einer ganz eigenen Erzählweise. Hier wird nicht nur die jeweilige Sicht der beiden Schwestern wiedergeben (in der Ich- und personalen Form), auch wechselt der Schauplatz zwischen dem Jetzt, der frühen Vergangenheit und der Zeit nach dem einscheidenden Erlebnis ab. Die Kapitel sind zwar in Abschnitte unterteilt, man benötigt aber pro Abschnitt kurze Zeit, um zu erfassen, wo in der Geschichte man sich gerade befindet. Mit der Zeit weiß man aber sehr gut, woran man die Zeitepochen erkennen kann. Diese Form ist bei Romanen zwar nicht gewöhnlich, hat aber durchaus ihren ganz eigenen Reiz.

Viola und Isolte sind komplett unterschiedliche Charaktere. Sie haben schon in der Kindheit Eigenheiten, die sie aneinander stören. Trotzdem ist da dieses Band, das beide fest zusammenschweißt. Erst in besagtem Sommer kommt es zu diesem Riss, der die jungen Frauen bis über das Erwachsenwerden hinaus begleitet. Vor allem Viola will sich nie anpassen. Während ihre Schwester erfolgreich wird, rutscht sie unweigerlich in die Magersucht.
Interessant sind nicht nur die Erzählungen im Heute/Jetzt (Isolte hat einen erfolgreichen Beruf, Viola liegt komplett abgemagert im Krankenhaus). Es sind vor allem die Dinge in der Kindheit, die familiären Bedingungen und Bekanntschaften der Zwillinge, die für Aufruhr beim Leser sorgen.

Eine leichte Bö zupft die Blätter von den Bäumen und lässt sie durch die Luft trudeln.
"Wusstest du", sagt sie, "dass man ein Jahr Glück hat, wenn man ein fallendes Blatt fängt?" - S. 388

Mit "Zertrennlich" hat Saskia Sarginson keinen einfachen Roman geschrieben. Es benötigt kurze Zeit, bis es der melancholischen Geschichte gelingt, den Leser bei der Stange zu halten. Danach übt das Buch eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus. Viele Gefühle der Zwillinge gehen tief und über allem schwebt die eine Sache, das schlimme Ereignis, das noch folgen wird. Wie gravierend die Auflösung dann ist, liegt im Ermessen des einzelnen Lesers. Die Folgen für die Mädchen sind aber furchtbar.
Zum Glück endet das Buch mit einem echten Silberstreif am Horizont. Nicht problemfrei, aber hoffnungsvoll und zufriedenstellend.

Das persönliche Fazit
"Zertrennlich" trennt wahrscheinlich die Lesermeinung. Während einige bei dem Buch in Richtung Thriller denken, ist es eher ein Schicksalsbuch, verbunden mit einem Familiendrama und einer sehr speziellen Kindheitsgeschichte. Es ist einer Geschichte, zu der nicht jeder Zugang finden wird. Das Lesen braucht Zeit, es kein Lese-Ich-Nebenbei-Buch. Obwohl man anfangs die Fäden der Handlung zuordnen muss, hat das Buch seine Wirkung bei mir nicht verfehlt und mich während der Lesestunden sehr vereinnahmt. Die Folgen aus den Kindheitsereignissen der Schwestern gehen sehr zu Herzen und die tragende Melancholie, durchzogen mit Erfahrungen, Rückschlägen, aber auch Freude, hat mir die Geschichte nahe gebracht. 4 Sterne.


Aufmachung: 4 / 5
Handlung: 4 / 5
Charaktere: 4 / 5
Lesespaß: 3,5 / 5
Preis/Leistung: 4 / 5

© Damaris Metzger, damarisliest.de