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Freitag, 17. April 2015

Review zu "Erst wirst du verrückt und dann ein Schmetterling" von Sjoerd Kuyper



Gabriel (März 2015),
Hardcover, 256 Seiten,
14,99 € [D]


"Es war ein Sonntag, an dem man sicher war, alles zu können. Fliegen zum Beispiel."
Was Kos stattdessen gerade erlebt, gleicht eher einer Bruchlandung: der Herzinfarkt seines Vaters, der mehr ist als sein bester Freund, drei starrköpfige Schwestern, mit denen er das Familienhotel am Laufen halten muss. Und dann ist da noch Isabel - die hat er immer noch nicht geküsst. Er bräuchte dringend Auftrieb. Aber im Moment sieht es nicht danach aus ... (Cover-, Text- und Zitatrechte: Gabriel Verlag)


Es gibt zwei Sorten Zeit: Die eine vergeht langsam und die andere vergeht schnell. In ein und derselben Welt. In ein und demselben Kopf. Ich könnte das erklären, aber dazu habe ich jetzt keine Lust. - S. 129/130


Meine Meinung
Der Trend der besonderen Buchtitel trifft bei mir genau den Nagel auf den Kopf. Denn diese Satz-Buchtitel machen neugierig und lassen meist nicht sofort auf den Inhalt schließen. Genau so ist es bei "Erst wirst du verrückt und dann ein Schmetterling", dessen Inhalt sich erst nach dem Lesen in Bezug zum Titel setzen lässt. Dann aber eindeutig und mit Wohlfühlgarantie.

Der 13-jährige Kos wird vom Schicksal ins eiskalte Wasser geworfen. Ausgerechnet während eines Fußballspiels, bei dem Kos der Siegtreffer gelingt, hat sein Vater einen Herzinfarkt. Es steht schlimmer um ihn, als er vor Kos und seinen drei Schwestern zugeben will. Die Mutter der Kinder ist vor einiger Zeit gestorben und so bleibt den vieren nichts anderes übrig, als sich um die Geschicke (oder Missgeschicke) des Familienhotels zu kümmern. Kos fühlt sich verantwortlich, die drei Schwestern anfangs weniger. Sie haben zu tun, stecken mitten in der Pubertät oder sind einfach zu jung. Die Sache droht Kos gewaltig über den Kopf zu wachsen. Und verschuldet ist das Hotel auch noch.

Ich finde, mit Sterbenden sollte man schöne Erinnerungen wachrufen, damit sie das Gefühl haben, im Leben alles richtig gemacht zu haben. Wie eine Art letzter Applaus von den Zuschauern, kurz vor Spielende. - S. 34

Hauptcharakter Kos erzählt dem Leser (und noch jemand anderem, was mich am Ende sehr rührte) die ganze Geschichte als eine Art Tonbandtagebuch. So entsteht beim Lesen der Eindruck, man würde ein Hörspiel genießen. Eine wunderbare Idee! Der liebe Junge tat mit anfangs einfach nur leid. Er möchte im Hotel die Stellung halten, bis sein Vater wieder gesund ist. Aber nichts will gelingen, die Schwierigkeiten werden mehr und mehr und seine Schwestern haben eigene Probleme. Kos ist sehr einfühlsam und sensibel. Gleichzeitig hat er Angst, dass die Familie nach der Mutter auch noch den Vater verliert. Diesen Schmerz spürt man, die Kinder haben aber, jedes für sich, eine wirklich großmütige Art, mit dem Verlust umzugehen. Das ist herzbewegend und ergreift einen als Leser sehr.

Das alles klingt nach einem waschechten Drama, und man glaubt es kaum, dass "Erst wirst du verrückt und dann ein Schmetterling" ein absolutes Wohlfühlbuch ist. Der Humor ist super, immer treffend und nicht überzogen. Autor Sjoerd Kuyper hat der Geschichte einige individuelle Eigenheiten verpasst, die dem Roman eine ganz eigene Klasse verleihen. Das Buch ist total verrückt und ulkig, bleibt dabei aber sehr direkt und glaubwürdig. So gelingt eine Verknüpfung von Drama mit Situationskomik. Man muss permanent mitseufzen, mitfiebern und mitfreuen - vom Anfang bis zum herzlichen Ende.

Fazit
"Erst wirst du verrückt und dann ein Schmetterling" bleibt nicht lange eine verpuppte Raupe. Schon nach den ersten Kapiteln ist der Schmetterling geschlüpft und flattert humorig und ausgefallen durch die Seiten. Doch genug der Metaphern. Die Geschichte hat alles, was man zum Wohlfühlen braucht: glaubhafte Abwegigkeit (ja, das gibt's!), sprühenden Charme, viele Lacher und feine Momente, die das Herz berühren. Was will man mehr?! Unbedingt lesen.

© Damaris Metzger, damarisliest.de