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Montag, 20. August 2018

"Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren" von Ali Benjamin



Das Thema
Dieses preisgekrönte Debüt erforscht, was es heißt, am Leben zu sein. Dass Dinge einfach passieren, kann Suzy nicht akzeptieren. Sie macht sich über vieles Gedanken: den Schlafrhythmus von Schnecken, die jährliche Zahl der Quallenstiche oder wie alt man ist, wenn das Herz 412 Millionen Mal geschlagen hat - gerade mal 12 Jahre. In dem Alter ist Suzys Freundin Franny im Sommer ertrunken, obwohl sie eine gute Schwimmerin war. Suzy muss herausfinden, wie das geschehen konnte. Es ist ein weiter, erkenntnisreicher Weg in einer Welt voller Wunder, bis sie begreift, dass der einzige Trost manchmal ist, Dinge anzunehmen, die man nicht ändern kann. Eine ergreifende Geschichte der Selbstfindung und ein großer Blick auf unsere Existenz.

© Klappentext-, Cover- und Zitatrechte: Carl Hanser Verlag


Wären die Menschen stiller, dann könnten sie die Geräusche ihres eigenen Lebens besser hören. Wären die Menschen stiller, würde es das, was sie sagen, wenn sie sich dazu entscheiden, es auszusprechen, umso wichtiger machen. Wären die Menschen stiller, dann würden sie die Signale der anderen besser verstehen [...]
Menschen sind so schlecht darin, die Signale der anderen zu verstehen, das weiß ich inzwischen.
- S. 100


Das Leseerlebnis
Bei manchen Büchern ist man sich, sobald man sie entdeckt, sofort sicher, dass man sie lesen möchte. So ging mir das bei Ali Benjamins Debüt "Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren". Es sprach mich thematisch sofort an, weil ich Geschichten über besondere junge Protagonisten mag, die sich die Welt oder das Leben erklären wollen oder es zumindest versuchen. Es ist kaum zu glauben, dass dies das Debüt der Autorin sein soll. Es ist ein fantastisch-guter, sehr feiner Roman über Freundschaft, Trauer und Schuld. Und über die Erkenntnis, dass manchmal Dinge einfach passieren ... und man nichts daran ändern kann.

Suzy ist nicht nur ein 12-jähriges Mädchen, das sich über viele Dinge Gedanken macht, an die andere Menschen keinen zweiten verschwenden, Suzy hat sich außerdem entschieden, nicht mehr zu sprechen. Zumindest nicht, wenn es nicht absolut notwendig ist. Sie möchte entweder nur etwas Sinnvolles sagen oder gar nichts mehr. Viel wichtiger ist es ihr zu beweisen, dass ihre beste Freundin Franny nicht einfach nur ertrunken ist, sondern dass es einen Grund dafür gab. Eine gefährliche Quallenart soll dafür verantwortlich sein, und auf diese Theorie stürzt sich Suzy mit all ihrer Energie. Dabei gewinnt sie neue Erkenntnisse über sich selbst und die Freundschaft zu Franny.

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. "Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren" ist eines der Bücher, die man unbedingt gelesen haben muss. Suzys Sicht und ihre Einstellung hat mir sehr imponiert und wird mit einer Feinfühligkeit interpretiert, die man aus jeder Buchzeile herauslesen kann. Zuerst dachte ich, dass Suzy den Tod ihrer Freundin nicht auf herkömmliche Weise betrauert, sondern dass ihr Nichtsprechen und ihre Forschungen über Quallen, die das Ertrinken von Franny beweisen sollen, ihre eigene Trauer hinten anstellt. Aber das täuscht, denn Suzy trauert sehr wohl und intensiv. Sie hat starke Gewissensbisse und empfindet Schuld, weil sich die Freundschaft in den letzten Monaten sehr veränderte. Und weil Suzy darauf auf eine Art reagierte, die sie jetzt sehr belastet.

Wie alles zusammenhängt erfährt man Stück für Stück. Die Geschichte ist wunderschön und einfühlsam geschrieben und hat mich schon während des Lesens sehr berührt. Obwohl sich das Buch sehr ruhig liest, hat es eine Ausdruckskraft, der man sich nicht entziehen kann. Vor allem gegen Ende war ich sehr angespannt, weil Suzy sich scheinbar völlig in ihre Sache verrennt. Die Lösung resultiert dann im Grunde aus einem Misserfolg, mit einem hoffnungsvoll-schönen Ende, nicht nur für Suzy. Zum Schluss klingt das Buch noch einmal ganz besonders nach.

Das Fazit
"Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren" ist ein einfühlsam-bewegendes Buch, ein besonders schöner Buchschatz, den man am Ende gleich nochmals lesen möchte, über den man auf jeden Fall noch lange nachdenkt. Die feinfühlige Geschichte fasziniert und unterhält gleichermaßen und hat in ihrer Gesamtheit dann doch etwas Ergreifendes. Es ist beeindruckend, was die Gedanken und Gefühle eines 12-jährigen Mädchens auslösen. Am Ende ist die Wahrheit ganz einfach: Lies dieses Buch, du wirst es lieben! 5 von 5 Sterne gibt es von mir.


© Damaris Metzger, www.damarisliest.de


Carl Hanser Verlag (Juli 2018) - Hardcover mit Schutzumschlag, 240 Seiten - 17,00 € [D]
Originaltitel: The thing about jellyfish - Übersetzt von Petra Koob-Pawis und Violeta Topalova - ab 12 Jahren