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Donnerstag, 3. November 2011

Rezension zu "Fillory: Die Zauberer" von Lev Grossman



Verlag: FJB (September 2010)
Ausführung: Hardcover, 624 Seiten
ISBN: 978-3841421005
19,95 € [D]

Genre: Urban Fantasy



Klappentext
Quentin Coldwater steht kurz vor dem Highschool-Abschluss. Die Schule langweilt ihn, wie ihn eigentlich alles langweilt außer Fillory, das magische Land aus den phantastischen Büchern, die er liebt. Doch plötzlich findet sich Quentin, der gerade noch durch Brooklyn gelaufen ist, selbst in einer magischen Welt wieder, an einer geheimen Zauberschule: Brakebills College. Und auch Fillory gibt es wirklich. Aber es ist keine heile Welt, sondern ein düsterer Ort, von dem eine schreckliche Bedrohung ausgeht. Quentin und seine Freunde begeben sich auf eine gefährliche Reise – und müssen sich einem alles entscheidenden Kampf stellen ...

Über den Autor
Lev Grossman wurde 1969 in Boston geboren. Er studierte Literatur an der Universität von Yale. Seit 2002 schreibt er für das TIME Magazine. Lev Grossman lebt heute in Brooklyn. Sein erster Roman "Die Macht des Codex" wurde weltweit zu einem großen Bestseller.

Rezension

Der erste Satz: Quentin übte einen Zaubertrick und keiner bemerkte es.

Zusammen mit zwei Freunden ist Quentin auf dem Weg zu einem Vorstellungsgespräch für eine Elite-Uni. Wie seine Freunde ist Quentin ein Ausnahmetalent, und da ihm das Lernen so leicht fällt, ist er von der ganzen Sache mehr als gelangweilt. Als sie jedoch beim Vorstellungsgespräch ankommen, ist der Professor tot. Quentin bekommt stattdessen einen Umschlag, aus dem beim Öffnen ein kleiner Zettel vom Wind weggeblasen wird, der Quentin in einen verwilderten Garten führt. Eher er sich versieht findet Quentin sich plötzlich vor dem Zaubercollege Brakebills wieder. Er besteht den Aufnahmetest und wird hier nun zu einem Zauberer ausgebildet.

Schon nach dem Lesen des Klappentextes erscheint die Geschichte als etwas zwischen einer Mischung aus Harry Potter und Narnia. Das muss auch nicht negativ sein, steckt doch in beiden Serien Potenzial im Überschuss. Und ein Zauberschüler für ältere Jugendliche? Warum nicht?!
So beginnt die Geschichte auch spannend und interessant. Leider fühlt man sich nach 50 Seiten dann doch sehr ernüchtert. So anschaulich der Einstieg, so langweilig die nächsten 500 Seiten.

Keiner der Charaktere schafft es, auf über 600 Seiten Geschichte, auch nur annähernd zu überzeugen. Kein Schüler, kein Lehrer und schon gar nicht ein Fillory Bewohner. Selbst Hauptprotagonist Quentin bleibt ohne besondere Persönlichkeit. Harry Potter schließt man ab Band 1 ins Herz. Er entwickelt sich weiter, bleibt aber alle 7 Bände authentisch. Weite Vergleiche mit männlichen Protagonisten sollen hier nicht erwähnt werden. Sie würden ohnehin nur gegen Quentin sprechen, denn der hat wirklich keine nennenswerten Persönlichkeitsmerkmale. Erwähnenswert wäre vielleicht seine ständige Unzufriedenheit, mit welcher Situation auch immer, seine Neigung zu Alkohol, Drogen und eine gewisse Busenfixiertheit.

Bei ewig langen Erzählungen kommen die Dialoge eindeutig  zu kurz. Das Erlernen der Zauberei bleibt meist technisch und beschreibend. Ohne das Verständnis der jugendlichen Zielgruppe zu schmälern, strotzt die ganze Zauberlehre nur so vor Fremdwörtern und langen, technischen Erklärungen. Durch Wörter wie Quantenniveau, Endokrinologie und Frikative wirkt der Unterricht übertrieben und intellektuell. Die begeisternde magische Komponente, das bezaubernd Geheimnisvolle der Magie bleibt außen vor.
Überspitzt gesagt bekommt man fast den Eindruck, dass man selbst Zauberei studieren sollte, um den Ausführungen folgen zu können.

Die meisten Studierenden und vermutlich auch viele Dozenten hatten ein ambivalentes Verhältnis zu dem disziplinarischen Konzept. Es spaltete die Studentenschaft in Gruppen, basierte auf einer zweifelhaften Theorie und am Ende arbeiteten doch alle fast denselben Lehrplan ab. S. 145 (Genau so fühlt sich das Lesen permanent an!)

So springen die Jungzauberer von Studienjahr zu Studienjahr, ohne dass etwas Nennenswertes passiert. Einige Handlungen sind sogar einfach nur überflüssig und sinnlos. Zum Beispiel bleibt ein Kampf zwischen Quentin und einem Klassenkameraden einfach ohne Erklärung. Okay, hier passierte mal etwas, aber warum haben sich die beiden jetzt noch mal die Köpfe eingeschlagen? Und wenn Quentin, warum auch immer, zu einer grauen Gans verwandelt wird, die der Professorin vor Angst vor die Füße scheißt (sorry, Originalauszug!), ist das nicht nur humorlos, sondern nur noch unsinnig und peinlich.

Mit voranschreitender Handlung geht es genau so monoton weiter. Wenn Quentin und Kumpane nach 350 Seiten unterirdisch langweiligem Zauberei-Studium aus der Schule entlassen werden, ereignet sich endlich ... nichts! Obwohl, die mittlerweile 21-jährigen betrinken sich nun nicht mehr nur den halben, sondern den ganzen Tag. Nehmen Drogen und haben Sex. Dieser ist so schlecht und plump (bzw. gar nicht) beschrieben, da war eine Missbrauchsszene zwischen zwei Jungen der Schule noch am anschaulichsten. Und gerade diese Szene führt ins Leere, hatte also überhaupt keine Relevanz für die Geschichte. Frage: Müssen Jugendliche so was lesen? Wohl eher nicht!

Wenn dann endlich, endlich nach zwei Dritteln Geschichte, das im Klappentext angepriesene Land Fillory seinen Auftritt hat, ist man mental fast schon zu müde um den Ereignissen dort seine Aufmerksamkeit zu schenken. Diese sind, genau, langweilig! Fillory, das im Buch mit einer wunderschönen bunten Karte charakterisiert wird, präsentiert sich tatsächlich wie Narnia, bloß in schlecht. Inklusive sprechender Tiere, einer bösen Hexe (hier Wächterin) und der Aussicht auf vier Throne, dich sich die jugendlichen Helden teilen dürfen, um das Land zu regieren. Gähn!
Spätestens wenn diese "Zauberer-Helden" dann von einem niedlichen Kaninchen und einem Kampf-Frettchen angegriffen werden, für sie dabei die Welt untergeht und jemand vor Entsetzen auf die Wiese kotzt (sorry, Originalauszug!), ja, spätestens dann möchte man das Buch zuklappen und dieser falschen Dramatik ein Ende bereiten.

Das wirkliche Ende ist dann seicht spannend, für ein gutes Lesegefühl jedoch viel zu spät. Zu "Fillory: Die Zauberer" (orig. "The Magicians") gibt es noch einen zweiten Teil "The Magician King", bislang nur auf Englisch. Ob davon eine deutsche Ausgabe erscheint ist nicht bekannt.

(Das Kloster) sei kein Ort der Anbetung, erklärten sie (die Zentauren) mit einem Unterton wiehernder Herablassung, sondern hier lebe eine Gemeinschaft, die dem äußerst möglichen Ausdruck, oder besser, der Inkarnation - oder vielleicht sei Realisation das bessere Wort - ergeben sei, jenen unbegreiflich komplexen, aber unendlich reinen silvanen Werten des Zentaurenwesens, die Quentins niederer menschlicher Verstand sowieso nie hoffen könne, jemals zu verstehen. (uff!) Die Zentauren hatten etwas ausgeprägt Deutsches an sich. S. 568 (ohne Worte!!)

Persönliches Fazit
Nach einem Anfang mit schüchternem Sonnenschein, erfolgte für mich bald der ernüchternde Regenguss. Insgesamt bleibt die Geschichte tief wolkenverhangen. Die Sonne versucht zwar ab und an durch die Plot-Sphären zu blitzen, doch schafft sie es nicht, die Regentristesse der Handlung zu vertreiben.
Quentin ist eine Schande für Harry Potter. Das beschriebene Spiel "Welters" um Welten langweiliger als Quidditch. Und die Zauberschule Brakebills schon gar kein Hogwarts! Vergleiche zu Harry Potter und Narnia dängen sich förmlich auf, fallen aber komplett durch. 1 Stern!


Handlung: 1 / 5
Charaktere: 1 / 5
Lesespaß: 1 / 5
Preis/Leistung: 1 / 5

© Damaris Metzger, damarisliest.de