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Montag, 14. November 2011

Rezension zu "Saeculum" von Ursula Poznanski



Verlag: Loewe (November 2011)
Originaltitel: -
Übersetzer: -
Reihe: - , ab ca. 14-17 Jahren
Ausführung: Klappenbroschur, 496 Seiten
ISBN: 978-3785570289
14,95 € [D]

Genre: (Jugend-)Thriller


Klappentext
Fünf Tage im tiefsten Wald, die nächste Ortschaft kilometerweit entfernt, leben wie im Mittelalter – ohne Strom, ohne Handy –, normalerweise wäre das nichts für Bastian. Dass er dennoch mitmacht bei dieser Reise in die Vergangenheit, liegt einzig und allein an Sandra.
Als kurz vor der Abfahrt das Geheimnis um den Spielort gelüftet wird, fällt ein erster Schatten auf das Unternehmen: Das abgelegene Waldstück, in dem das Abenteuer stattfindet, soll verflucht sein.
Was zunächst niemand ernst nimmt, scheint sich jedoch zu bewahrheiten, denn aus dem harmlosen Live-Rollenspiel wird plötzlich ein tödlicher Wettlauf gegen die Zeit. Liegt tatsächlich ein Fluch auf dem Wald? (Bild- und Textquelle: Loewe Verlag)

Über die Autorin
Ursula Poznanski, geboren in Wien, studierte sich einmal quer durch das Angebot der dortigen Universität, bevor sie sich als Medizinjournalistin dem Ernst des Lebens stellte. Nach dem Erfolg ihres ersten Jugendbuches "Erebos", das in mehr als fünfzehn Sprachen übersetzt und u.a. für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert wurde, wagte sie den Sprung ins hauptberufliche Autorenleben.

Rezension

Der erste Satz: "Oh mein Gott, so viel Blut!"

Vielen von uns behagt allein die Vorstellung nicht - 5 Tage im Wald, ohne unsere gewohnten Luxusgüter, wie Handy, Dusche und vernünftiges Essen. Dazu noch die Nächte im Freien, ohne Zelt und mit einer Gruppe passionierter Mittelalterfans, die man kaum kennt.
So denkt auch Bastian, als er von Sandra eingeladen wird, an der diesjährigen Convention der Rollenspielgruppe Saeculum teilzunehmen. Bastian ist absoluter Neuling auf diesem Gebiet und ist sich zudem nicht sicher, ob er sich physisch und psychisch wirklich auf das minimalistische Mitteralterspiel einstellen will. Zudem ist Saeculum bekannt für ihr realistisches Rollenspiel, bei dem es strenge Mitspielregeln und keine Time-outs gibt. Andererseits hofft Bastian auch auf ein paar ungestörte Tage mit Sandra, und so siegt diese Liebesverlockung über sein Gefühl, und er schließt sich der Gruppe an.
Schon die Bekanntgabe des geheimen Spielorts sorgt in der Gruppe für Unbehagen, und dann darf Bastian am Zielort nicht mal seine Brille, die als verbotene, neuzeitliche Errungenschaft gilt, behalten. Der erste Tag im gespielten Mittelalter beginnt alles andere als erhofft. Was hat es mit der Sage um einen Fluch auf sich? Und warum verhält sich Sandra seit der Ankunft nur so komisch, indem sie Bastian die kalte Schulter zeigt?

Frau Poznanski kramt hier in den Urängsten der Leser von "Saeculum". Fast keiner würde nachts freudig durch den Wald springen, schon gar nicht alleine. Das Thema Mittelalter ist vielen genauso fremd wie suspekt. Und niemand möchte längere Zeit auf seine großen und kleinen Luxusgüter oder einfachste Dinge, wie Streichhölzer, verzichten. Aber in fast jedem von uns steckt auch der Wille, seinen persönlichen Schweinehund zu überwinden. So ist Bastians Entscheidung, sich Saeculum anzuschließen, durchaus nachvollziehbar.
Die Geschichte wird in einer einfachen, lebendigen Sprache erzählt. Meistens im personalen Erzählstil aus Bastians Sicht, ab und zu auch aus der Sicht von Iris, einer weiteren Teilnehmerin der Gruppe. Leser, denen die Thematik Rollenspiel-Conventions völlig fremd ist, haben keine Probleme der Handlung zu folgen. In den ersten Kapiteln erklärt sich alles von selbst. So benötigt "Saeculum" keine langwierige Anlaufzeit, damit die Geschichte in Fahrt kommt. Nach einem interessanten Einstieg mit einem kurzen Mitspielerüberblick, geht es schon auch los und die Gruppe kommt bald am eigentlich Ziel- und Handlungsort an.

Von den vielen Namen der Teilnehmer, die sich am Spielort dann auch noch spezielle Rollenspielcharaktere ausdenken, sollte man sich nicht entmutigen lassen. Die markantesten Personen, bzw. Hauptcharaktere sprechen sich zwar ab und zu untereinander mit den Mittelalternamen an, der personale Erzähler nennt aber immer den richtigen Personennamen. So gibt es keine Verständnisprobleme.
Und auch wer meint, sich jetzt die ganze Geschichte hindurch mittelalterliche Kommunikation anhören zu dürfen ("Zum Gruße, edler Fremder!", "Fürwahr, welch sonderliche Gewandung Ihr tragt."), muss diese nicht lange ertragen. Schon bald überschlagen sich die Ereignisse so sehr, dass der Gruppe fürwahr keine Zeit bleibt, sich mit solchen Kleinigkeiten aufzuhalten!

Die Charakterentwicklung der einzelnen Personen ist hervorragend gelungen. Schon ab dem ersten Kapitel meint man, die Personen zu kennen, bzw. bildet man sich seine Meinung. Ganz unwillkürlich legt man so im Kopf seine Checkliste ab und ordnet jeder Person beim ersten Gespräch die vordergründigste Charaktereigenschaft zu (Was für ein Blender!, Die ist aber undurchsichtig!, Ein richtiges A....!, So ein Idiot! ...). Natürlich entwickelt sich sofort die ein oder andere Sympathie, genauso wie auch Antipathie. Das steigert sich im Verlauf der Geschichte so sehr, dass man oft gut und gerne Lust hätte, so manchem Protagonisten "die Schaufel über den Kopf zu ziehen", und einige "im Wald verrotten zu lassen" (die Rezensentin distanziert sich ausdrücklich von einer Neigung zu Gewaltfantasien!).
Über Bastians Entwicklung freut man sich am meisten. Ist er anfangs eher unscheinbar und zurückhaltend - einfach ein netter Junge -, entwickelt er schon bald Charakterzüge, die man ihm gar nicht zugetraut hätte. Hut ab! Auch Iris, samt Vorgeschichte, lernt man besser kennen und kann dadurch ihre schroffe, zurückweisende Art sehr gut nachempfinden. Sie wirkt trotz ihrer Macken sehr sympathisch.

"Saeculum" ist durchweg interessant und vor allem sehr gruselig spannend. Man denkt die ganze Zeit an eine Mischung aus "Blair Witch Projekt" und Abenteuercamp. Es gibt Szenen, da fragt man sich, ob es wohl für den Schlaf sehr förderlich wäre, wenn man jetzt das Licht ausmachen würde. Gruselfeeling pur! Die Handlung ist dabei so unvorhersehbar, dass man bis zum Schluss nicht weiß, ob man es nur mit natürlichen- oder doch auch mit übernatürlichen Gegebenheiten zu tun hat.
Frau Poznanski lässt ihre Leser in so manche menschliche Abgründe blicken. Einige Szenen sind nichts für schwache Nerven. Nicht wenige werden sich am Ende fragen, wie sie in derselben Situation gehandelt hätten. Eine beängstigende Vorstellung!

Persönliches Fazit
Schon vor "Saeculum" habe ich mich alleine im Wald gefürchtet. Jetzt bringen mich da keine zehn Pferde mehr hin! Und nachts schon gleich dreimal nicht! Das Buch lässt sich stellenweise kaum aus der Hand legen, hat mich gefesselt, sowie schockiert und wirkt auch lange nach dem Lesen noch nach. Eine düstere Buchgestaltung, mit schwarzem Buchschnitt, tut ihr Übriges. Die Jugendliche Zielgruppe braucht für "Saeculum" Neven wie Drahtseile, und auch beim versierten Thrillerleser wird das Buch seine Wirkung nicht verfehlen! Gruselig spannende 5 Sterne!
Handlung: 4,5 / 5
Charaktere: 4,5 / 5
Lesespaß: 5 / 5
Preis/Leistung: 4,5 / 5

© Damaris Metzger, damarisliest.de