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Freitag, 21. September 2012

Rezension zu "Ashes: Tödliche Schatten" von Ilsa J. Bick



Verlag: INK (August 2012)
Originaltitel: Shadows
Übersetzer: Kollektiv Druck-Reif
Reihe: Band 2/4, ab ca. 14-17 J.
Ausführung: Hardcover/SU, 571 S.
ISBN: 978-3863960063
19,99 € [D]

Genre: Endzeitroman


Inhalt/Verlagsinfo
Den verheerenden Anschlag auf die Welt hat die siebzehnjährige Alex überlebt, aber nun muss sie sich den schwerwiegenden Folgen stellen. In den Städten, die nicht zerstört wurden, rotten sich diktatorische Tyranneien zusammen, in denen sich menschliche Abgründe auftun. Außerhalb der Schutzwälle droht der sichere Tod. Denn dort lauern Horden Jugendlicher, die sich seit dem Unglück in bestialische Kannibalen verwandeln. Und schließlich bleibt noch die Ungewissheit, ob Alex selbst noch zu so einem Monster mutiert. Warum sind ausgerechnet sie und ein paar wenige Ausnahmen von dieser Verwandlung bisher verschont geblieben? (Text und Bildquelle: Egmont INK)

Über die Autorin
Ilsa J. Bick ist Kinder- und Jugendpsychiaterin und ehemalige Air-Force-Majorin, widmet sich mittlerweile aber ganz ihrem Autorinnendasein. Am liebsten schreibt sie Jugendbücher und Kurzgeschichten, für die sie mehrfach ausgezeichnet wurde.

Rezension

Der erste Satz: "FUBAR" - so nannte es Jed.

Eine inhaltliche Zusammenfassung von "Ashes: Tödliche Schatten" ist schwierig. Darum soll hier der Klappentext des Verlages ausreichen. Weitere Ausführungen würden den Rahmen sprengen. Wer diesen zweiten Teil nicht direkt nach Band 1 liest, dem sei dringend empfohlen die Zusammenfassung auf der INK Homepage (in Englisch und Deutsch) zu lesen - ein perfekter Refresher!

Nach einem der fiesesten Cliffhanger der YA-Literatur erwartet man im ersten Kapitel von "Tödliche Schatten" die Weiterführung der Szene, die wohl alle Leser von Band 1 mit einem erschreckten Aufschrei zurückließ. Doch dem ist nicht so. Im ersten Kapitel lernt man zwei neue Personen kennen. Es wird kurz wiederholt, bzw. angedeutet, was mit der Welt passiert ist und wie die Situation jetzt aussieht. Außerdem erfährt man etwas über einen Jungen, den die beiden alten Leute in ihrer Zweiergemeinschaft aufgenommen haben. Aufmerksame Leser erahnen sofort, um wen es sich bei dem jungen Mann handelt, noch bevor dieser dann auch seinen Namen nennt.
Und dann erfährt man, wie es mit der abartigen Lage der Hauptprotagonistin Alex weitergeht ...

"M-hm. Na, du kennst ja den alten Spruch." Sharon kaute, schluckte und fuhr sich mit dem Handballen übers Kinn.
"Welchen?" [...] "Was uns nicht umbringt, macht uns stark? Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her?"
"Nö." Sharon leckte sich di Hand ab, bevor sie sich eine weitere Gabel wurmartiger Nudeln in den Mund stopfte. "Du denkst, schlimmer kann's nicht kommen? Schlimmer geht immer!" - S. 174

Der größte Unterschied zum Vorgängerband, ist, dass die Geschichte nicht alleine aus der Perspektive von Alex erzählt wird. Tatsächlich gibt es hier vier Handlungsstränge und acht (!) verschiedene Perspektiven der einzelnen Protagonisten (3. Person, Präteritum). Das klingt sehr kompliziert, ist es aber nicht. Man findet sich gut in den einzelnen Erzählungen zurecht und kann sie zeitlich zuordnen. Auch treffen sich die Handlungsstränge (noch) nicht, wie in Romanen durchaus üblich, sondern in "Tödliche Schatten" steht jede Handlungsperspektive für sich. Dadurch ist für dieses Buch die Bezeichung Mittelteil absolut wörtlich zu nehmen.
Die Autorin weiß, von was sie schreibt. Jede Handlung, Waffe und Aktion ist plausibel und gut erklärt. So könnte es sich tatsächlich abspielen. In einzelnen Abschnitten sind die Kapitel sehr kurz, wodurch ein sehr hohes Erzähltempo erreicht wird. Die ohnehin schon spannende Handlung ist dann vor Anspannung kaum auszuhalten. Stil und Übersetzung sind perfekt, und das Buch fesselt von der ersten bis zur letzten Seite. Es gehört unumstößlich zu den spannendsten Büchern im Jugendbuch-/Young-Adult Genre!

Und gerade weil es so sehr fesselt und weil es irrsinnig gut gefällt, lässt eine Tatsache beim Lesen einen faden Nachgeschmack zurück. Das Buch ist fast schon obszön gewalttätig. Kauft man einen Horrorroman, weiß man, was beim Lesen auf einen zukommt. Ebenso bei einem Erotikroman. Hier liegt nämlich das Problem von "Tödliche Schatten" - man weiß es nicht! Bekam man in Band 1 schon harte Kost serviert, ist dieses Buch an Grausam- und Widerlichkeiten nicht mehr zu übertreffen. Es geht hier nicht darum, dass Gewalt im Buch zu finden ist, sondern dass man es hier mit einem Jugendbuch zu tun hat. Hier MUSS ein unbedarfter 14-jähriger Leser wissen, was auf ihn zukommt! Nicht auszudenken, wenn sich hier ein Kind vom hübschen Cover und dem nichtssagenden Klappentext zum Kaufen animiert fühlt. Um darum soll die Gewaltthematik hier auch beim Namen genannt werden, damit jeder für sich entscheiden kann, ob er solch ein Buch ertragen kann oder eben nicht: Im Buch gibt es Mord und Tötungen in jeder Form. An Tieren und Erwachsenen, genau wie an Kindern (die dabei teilweise nach Mutter, Vater oder Bruder rufen - herzzerreißend!). Es gibt grausame Todeskämpfe, abgetrennte Gliedmaßen und explizite Kannibalismusszenen (und hier sparen wir uns die Details!). Dazu Folterungen, psychisch und physisch, und Blut en masse und in allen Konsistenzformen. Und so verankert sich während des Lesens in den eigenen Gedanken immer wieder dieselbe Frage: Darf mir ein (Jugend!)Buch so sehr gefallen, sogar Spaß machen, bei dem Gewalt in dieser expliziten Form zu finden ist?

"Tödliche Schatten" endet wieder mitten in der Handlung, mit vielen offenen Fragen und der Unsicherheit, ob es einige der Hauptprotagonisten in den Abschlussband schaffen oder nicht. Zwar gibt es keinen solch schrecklichen Cliffhanger wie in Band 1, trotzdem könnte man direkt zum dritten Teil übergehen. Ungeachtet der Gewaltkritik; wer mit dem Buch klar kommt, der kann sich ihm nicht entziehen. Es ist ganz, ganz großes Kino und ein Spannungshighlight der Extraklasse!

Persönliches Fazit
Hier muss ich jetzt sehr persönlich werden, denn ich übertreibe nicht, wenn ich sage: So schwer, ist mir eine Sternebewertung bei einem Buch noch nie gefallen! Nach dem Lesen saß ich eine Weile vor dem geschlossenen Buch, um meine Gedanken zu sammeln. "Ashes: Tödliche Schatten" ist im Grunde ein entschiedenes 5-Sterne Buch! Es hat perfekte Charaktere, einen perfekten Plot und ist an Spannung kaum zu übertreffen. Doch an mir nagt das schlechte Gewissen, das ich bei einer perfekten Bewertung haben würde. Und das liegt an der explizit beschriebenen Gewalt, die eher im Horrorgenre anzusiedeln ist. Ich war stellenweise entsetzt, kam damit aber klar (wenn auch mit teilweise aufgewühltem Magen), aber ohne einen Hinweis an die jugendliche Zielgruppe, kann ich diese Art von Gewalt in einem Jugendbuch nicht gutheißen. Eine Erwähnung im Buch, wie es sein kann, dass gewaltverherrlichende Videospiele Spaß machen, erschien mir schon fast wie eine Parodie. Wer das aushält und sich bewusst ist, dass dieser Band um ein vielfaches härter ist als Band 1, der hält mit "Tödliche Schatten" ein perfektes Buch in der Hand. Ich ziehe einen "Gewaltstern" ab (dachte sogar kurz an zwei). Überschattete 5 - und somit 4 Sterne!


Aufmachung: 4 / 5
Handlung: 5 / 5
Charaktere: 4,5 / 5
Lesespaß: (5) / 5
Preis/Leistung: 4 / 5

© Damaris Metzger, damarisliest.de



Reiheninfo Ashes-Tetralogie:

2. Ashes: Tödliche Schatten